Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des ortsfremden Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 91 I 1 HS 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Ob Notwendigkeit in diesem Sinne gegeben war, bemisst sich danach, was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich ansehen durfte.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.03.2012; Aktenzeichen 2-24 O 135/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.12.2012; Aktenzeichen IV ZB 18/12)

 

Tenor

In der Beschwerdesache ... wird die sofortige Beschwerde des Klägers vom 11.04.2012 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.03.2012 zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt € 256,24.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.

2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.03.2012 (Bl. 481, 482 d. A.) entgegen den Kostenfestsetzungsanträgen des Klägers vom 03.06.2011 (Bl. 281, 282 d. A.) und vom 22.03.2012 (Bl. 478, 479 d. A.) Kosten in Höhe von insgesamt € 256,24 nicht gegen die Beklagte festgesetzt, die gemäß den Kostengrundentscheidungen in den Urteilen des Landgerichts vom 21.04.2011 (Bl. 229 bis 237 d. A.) und des Oberlandesgerichts vom 01.03.2012 (Bl. 449 bis 456 d. A.) die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Das Landgericht ist bei seiner Festsetzung zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger gehalten war, einen in Frankfurt am Main ansässigen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung in dem in beiden Instanzen in Frankfurt am Main durchgeführten Rechtsstreit zu beauftragen, so dass die Reisekosten und Abwesenheitsgelder, die durch die Terminswahrnehmungen des in Hamburg ansässigen Prozessbevollmächtigten des Klägers entstanden sind, nicht erstattungsfähig sind.

Dies folgt aus § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO.

Nach dieser Regelung sind Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Ob Notwendigkeit in diesem Sinne gegeben war, bemisst sich danach, was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich ansehen durfte (BGH, Beschluss vom 11.03.2004, Az.: VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858-859- zitiert nach juris).

a) Grundsätzlich wird eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes oder am Gerichtsort selbst beauftragen. Die Beauftragung eines solchen Rechtsanwalts empfiehlt sich in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die erleichterte persönliche Unterrichtung und Beratung (vgl. BGH, Beschluss vom 22.02.2007, Az.: VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071-1073 - zitiert nach juris). Eine Ausnahme hiervon besteht allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21.09.2005, Az.: IV ZB 11/04, NJW 2006, 301-303 - zitiert nach juris m. w. N.). Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn die Partei - wie vorliegend der Kläger - ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG und § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherverband ist, weil ein solcher Verband personell, sachlich und finanziell so ausgestattet sein muss, dass er mit den ihm nach §§ 1, 2 UKlaG zustehenden Rechtsansprüchen und den Möglichkeiten ihrer Durchsetzung vertraut ist und den Verkehr mit Rechtsanwälten führen kann. Er muss dazu Mitarbeiter beschäftigen, die in typischen und durchschnittlich schwierigen Fällen auch ohne anwaltlichen Rat fähig sind, Verstöße gegen die §§ 307 bis 309 BGB und Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 UKlaG zu erkennen. Ein personell so ausgestatteter Verbraucherverband ist regelmäßig in der Lage, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts schriftlich und telefonisch zu instruieren (BGH, Beschluss vom 21.09.2005, Az.: IV ZB 11/04, NJW 2006, 301-303, zitiert nach juris). Dies ist auch beim Kläger der Fall, weil er seinem in der Beschwerdeschrift vom 11.04.2012 (Bl. 485 bis 497 d. A.) gehaltenen Vortrag zufolge "1½" Volljuristinnen beschäftigt.

Es ist nicht zu erkennen, dass der vorliegend streitgegenständlich gewesene Sachverhalt in tatsächliche...

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