Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ein Strafverteidiger, der eine aus einer Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 S. 2 StGB stammende Kautionszahlung über ein Privatkonto leitet und im eigenen Namen hinterlegt, kann sich wegen Geldwäsche, Begünstigung, Beihilfe zum Vereiteln der Zwangsvollstreckung und Betrug strafbar machen.

  • 2.

    Ein Strafverteidiger kann sich nicht auf seine verfassungsrechtliche Privilegierung berufen, wenn er aus seiner Rolle als Organ der Rechtspflege heraustritt.

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Aktenzeichen 7 KLs 701 Js 4820/03 WI)

 

Gründe

I.

1.

In der Anklageschrift wird dem Angeklagten vorgeworfen, jeweils tateinheitlich einen Gegenstand, der aus einer in § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 a StGB genannten rechtswidrigen Tat - gewerbsmäßiger Betrug - herrührt, verborgen und dessen Herkunft verschleiert zu haben (§ 261 Abs. 1 Satz 1 StGB), einem anderen, der eine rechtswidrige Tat - gewerbsmäßigen Betrug - begangen hat, in der Absicht Hilfe geleistet zu haben, ihm die Vorteile der Tat zu sichern (§ 257 Abs. 1 StGB), und einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat - Vereiteln der Zwangsvollstreckung - Hilfe geleistet zu haben.

Nach Aktenlage stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Der Angeklagte verteidigte seit dem 05.08.2002 in dem bei der Staatsanwaltschaft Gießen geführten Strafverfahren 701 Js 19066/01 gemeinsam mit Rechtsanwalt RA 1 den gesondert verfolgten Beschuldigten A.

Gegen diesen hatte das Amtsgericht Gießen am 24.07.2002 wegen Betruges in 180 - wegen gewerbsmäßigen Handelns jeweils besonders schweren - Fällen einen Haftbefehl erlassen, da der dringende Tatverdacht bestand, daß A als Geschäftsführer der Firmen B und C in der Zeit von 11.02.2000 bis 08.05.2002 sogenannte Schulversionen von Computerprogrammen von der Firma D ... erworben und diese zu einem erheblich höheren Preis als sogenannte Vollversionen verkauft hatte. Der D ... ist hierdurch ein Schaden von jedenfalls 1.008.446 EUR entstanden. Als Haftgrund nahm das Amtsgericht wegen der Auslandsbeziehungen und des beträchtlichen Auslandsvermögens As sowie im Hinblick auf die gegen diesen auf dem Zivilrechtsweg geltend gemachten Schadensersatzansprüche das Bestehen einer Fluchtgefahr an.

Rund zwei Monate vor Erlaß des Haftbefehls, am 27.05.2002, hatte A einen Betrag von 2,1 Millionen EUR auf ein von ihm in seinem Heimatland Ägypten unterhaltenes Konto überwiesen. Dieser Betrag stammte - ebenso wie ein weiterer Betrag von 1 Million EUR, den A bereits im April 2002 auf ein privates Konto in der Schweiz überwiesen hatte, aus einer im August des Jahres 2001 vorgenommenen Gewinnausschüttung seiner bereits genannten Gesellschaften in Höhe von 14 Millionen DM (= 7.158.086,34 EUR), wovon 8.034.372,34 DM (= 4.107.909,35 EUR) zur Auszahlung kamen. In dieser Gewinnausschüttung enthalten war der bereits erwähnte Schadensbetrag von 1.008.446 EUR aus den im Haftbefehl aufgeführten Betrugstaten.

Am 05.08.2002 wurde A aufgrund des oben genannten Haftbefehls verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Am gleichen Tag erwirkte die D ... bei dem Landgericht Frankfurt am Main wegen Urheberrechtsverletzungen und unerlaubter Handlung einen Arrestbefehl gegen A und die B wegen einer Forderung in Höhe von 10.204.788,03 EUR, durch den der dingliche Arrest in das Vermögen der beiden vorgenannten Personen angeordnet wurde (Aktenzeichen 2/6 O 300/02). Dabei wurde hinsichtlich des Komplexes Schulversionen ein Schaden von 1.750.662,97 Euro in Ansatz gebracht. Seit dem Erlaß des Arrestbefehls betreibt die D ... dessen Vollziehung in das Vermögen As. Auf den Widerspruch des Letztgenannten hin wurde der gegen ihn verhängte dingliche Arrest durch Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13.11.2002 bestätigt. In den Urteilsgründen heißt es, A gebe zu, angeordnet zu haben, Schulversionen zu kaufen, diese zu verändern und als Vollversionen teurer zu verkaufen, wobei er gewußt habe, daß Berechtigungsscheine in unzulässiger Weise mehrfach benutzt würden. Die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung des gesondert verfolgten A ist durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12.08.2003 zurückgewiesen worden.

Nach der Verhaftung As bemühten sich dessen zweiter Verteidiger, Rechtsanwalt RA 1, und der Angeklagte um eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls. Dabei wurde seitens der Staatsanwaltschaft, wie sich dem Protokoll des Haftprüfungstermins vom 29.08.2002 entnehmen läßt, eine Sicherheit von drei Millionen EUR für erforderlich gehalten, wobei die Staatsanwaltschaft darauf drang, daß die Sicherheit mittels der in das Ausland überwiesenen Gelder, insbesondere der nach Ägypten überwiesenen Summe von 2,1 Millionen EUR geleistet werde. Schließlich einigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung am 11.10.2002 auf eine Sicherheitsleistung in Höhe von 2,5 Millionen EUR. Diese sollte sich aus dem am 27.05.2002 nach Ägypten überwiesenen Betrag und weiteren Geldern, die A trotz der von der D ... betriebenen Zwangsvollstreckung noch zur Verfügung...

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