Entscheidungsstichwort (Thema)

Vor Bevollmächtigung eines beim BGH zugelassenen Rechtsanwalts beim erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten angefallene Gebühr nach Nr. 3403 RVG-VV ist gem. § 91 ZPO erstattungsfähig

 

Leitsatz (amtlich)

Kosten, die angefallen sind, weil der Nichtzulassungsbeschwerdegegner seinen erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten eines beim BGH zugelassenen Rechtsanwalts mit der Prüfung der Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragt hat, sind gem. § 91 ZPO erstattungsfähig.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3403; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 31.10.2011; Aktenzeichen 3 O 82/07)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.07.2012; Aktenzeichen VI ZB 7/12)

 

Tenor

Aufgrund des vollstreckbaren Beschlusses des BGH vom 28.6.2011 sind von den Beklagten an Kosten EUR 2.492,57 nebst jährlichen Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12.7.2011 an den Kläger zu erstatten. Darüber hinaus sind aufgrund des vollstreckbaren Beschlusses des BGH vom 28.6.2011 von jedem der Beklagten jeweils weitere Kosten von EUR 441,25 nebst jährlichen Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12.7.2011 an den Kläger zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 882,50.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig. Die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde wurde mit Eingang des Beschwerdeschriftsatzes vom 24.11.2011 (Bl. 419 d.A.) am 25.11.2011 gewahrt. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers (Bl. 418 d.A.) ging diesem der angefochtene Beschluss vom 31.10.2011 (Bl. 415, 416 df. A.) am 11.11.2011 zu, so dass die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, Halbs. 1 BGB bis zum 25.11.2011 lief. Dass der Beschwerdeschriftsatz weder einen Beschwerdeantrag noch eine Begründung enthielt, ist ohne Belang. Eine Beschwerdeschrift muss lediglich die angefochtene Entscheidung bezeichnen sowie die Erklärung, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde, § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz vom 24.11.2011.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Zu Unrecht hat das LG die Kosten i.H.v. EUR 882,50, die dem Kläger entstanden sind, weil sein erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigter im Verfahren zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des OLG Frankfurt vom 23.10.2010 tätig geworden ist, nicht gegen die Beklagten festgesetzt. Der Kläger kann von den Beklagten die Erstattung auch dieser Kosten aufgrund der Kostengrundentscheidung im Beschluss des BGH vom 28.6.2011, der zufolge die Beklagten die Kosten des Verfahrens zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zu tragen haben, beanspruchen. Dies folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 ZPO. Nach diesen Regelungen die sind die Kosten erstattungsfähig, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, wozu insbesondere die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei zählen.

aa) Aufgrund der Tätigkeit des erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers im Verfahren zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das Urteil des OLG Frankfurt vom 23.3.2010 ist gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit Nr. 3403 RVG-VV eine 0,8 Verfahrensgebühr aus dem vom BGH festgesetzten Gegenstandswert von EUR 40.000 i.H.v. EUR 721,60 entstanden.

Dem steht es nicht entgegen, dass sich der erst- und zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht für diesen beim BGH bestellt hat und dort auch nicht zugelassen ist. Die Gebühr nach Nr. 3403 RVG-VV entsteht für sonstige Tätigkeiten in einem gerichtlichen Verfahren, wenn der Rechtsanwalt nicht zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellt ist. Sie fällt auch dann an, wenn im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren der Rechtsmittelgegner einen nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt mit einer Einzeltätigkeit beauftragt (vgl. BGH, Beschl. v. 4.5.2006 - III ZB 120/05, NJW 2006, 2266-2269, und BGH, Beschl. v. 1.2.2007 - V ZB 110/06, NJW 2007, 1461-1464 - jeweils zitiert nach juris). So liegt der Fall hier. Unstreitig hat der Kläger seinen erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten damit beauftragt, die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde und die weitere Vorgehensweise zu prüfen (Schriftsatz des Klägers vom 26.9.2011, Bl. 408, 409 d.A.).

Die infolgedessen entstandene Gebühr nach Nr. 3403 RVG-VV haben die Beklagten dem Kläger gem. § 91 Abs. 1 Satz 1, Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 ZPO zu erstatten, weil die Erteilung dieses Einzelauftrags an den erst- und zweitinst...

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