Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld für 32-Jährigen mit schweren inneren Verletzungen

 

Normenkette

BGB § 253

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 06.05.2009)

 

Tenor

Die Beklagten werden auf die Absicht des Senats hingewiesen, ihre Berufung gegen das am 6.5.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Darmstadt im Beschlusswege gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Der Kläger macht gegen die beiden Beklagten als Gesamtschuldner Schadenersatzansprüche (Schmerzensgeld, Verdienstausfall und Verdienstausfallsrente) aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am ... 2000 auf der A. ereignete und bei dem der Kläger lebensgefährlich verletzt wurde. Die Beklagte zu 1) ist der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 2), der den Unfall verursacht hat.

Mit dem am 6.5.2009 verkündeten Grund- und Teilurteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das LG den Schadenersatzanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 250.000 EUR unter Berücksichtigung der bereits von den Beklagten geleisteten Zahlungen zugesprochen.

Gegen das Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie halten den Erlass des Grund- und Teilurteils für unzulässig, da Entscheidungsreife nicht vorgelegen habe und widersprüchliche Entscheidungen drohen würden. Die Bemessung des Schmerzensgeldes halten die Beklagten für fehlerhaft, da unzutreffend von einer völligen Leistungsunfähigkeit des Klägers ausgegangen sei, das LG keine Vergleichsentscheidungen herangezogen habe und eine Erhöhung des Schmerzensgeldes auf Grund des schleppenden Regulierungsverhaltens der Beklagten weder beziffert noch gerechtfertigt sei. Der weiteren Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen.

Der Senat ist in seiner heutigen Vorberatung zu der einstimmigen Auffassung gelangt, dass sich die Berufung als unbegründet darstellt und deshalb zurückzuweisen sein wird.

Der Erlass des Grund- und Teilurteil gem. §§ 301, 304 ZPO war entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger gemäß den §§ 7, 17 StVG, 823 Abs. 1 und2, 254 BGB i.V.m. § 229 StGB dem Grunde nach aus dem Unfallgeschehen am ... 2000 auf der Autobahn A. Schmerzensgeld, Ersatz von Verdienstausfall und Verdienstausfallrente zusteht.

Im ausgeurteilten Umfang war die Klage auch entscheidungsreif. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger könne Erwerbseinkünfte von mindestens 1.000 EUR netto/monatlich erzielen, war nicht Gegenstand des verkündeten Urteils. Auch war dem LG unbenommen, das Regulierungsverhalten der Beklagten bei der Frage der psychischen Verfassung des Klägers zu berücksichtigen, was unabhängig davon zu beurteilen ist, ob dem Kläger ein unfallbedingter Verdienstausfallschaden tatsächlich zusteht. Die Länge des Verfahrens - der Unfall ereignete sich am ... 2000 - konnte als Parameter für die Frage der psychischen Auswirkungen des Unfalls und damit als einer von vielen Umständen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes herangezogen werden.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten besteht auch nicht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist zwar für alle vom Kläger geltend gemachten Ansprüche von Relevanz, so dass die Annahme unterschiedlicher Prozentsätze grundsätzlich zu widersprüchlichen Entscheidungen führen könnte. Allerdings hat das LG in Kenntnis dieser Problematik in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich darauf verwiesen, dass im Rahmen der seelischen Auswirkungen die von den Gutachtern festgestellte Gesamtminderung der Erwerbstätigkeit von 80 % im konkreten Fall für den Kläger unter Berücksichtigung seinen beruflichen Gegebenheiten einer hundertprozentigen Erwerbsunfähigkeit gleichkommt. Dies ist nicht zu beanstanden, da bei der Arbeitsmarktlage im IT-Bereich und bei dem Krankheitsbild des Klägers eine Arbeitsstelle mit wenigen Stunden Hausarbeit bei selbstbestimmter Arbeitszeitseinteilung zwar theoretisch denkbar, praktisch sich aber als illusorisch herausstellen wird (so auch das internistisch-nephrologische Fachgutachten vom 24.10.2007 Bl. 344 der Akte). Dass die realistische Betrachtung der beruflichen Zukunftsaussichten für die Bemessung des Schmerzensgeld im Hinblick auf die psychischen Auswirkungen des Unfalls für den Kläger in der vom LG angewandten Weise Berücksichtigung finden kann, erweckt keine Bedenken. Die im Schlussurteil zu treffende Entscheidung über den Verdienstausfallschaden ist von den Überlegungen des LG zum Schmerzensgeld unabhängig.

Die vom LG vorgenommene differenzierte Bewertung lässt die Gefahr von widersprüchlichen Entscheidungen gerade nicht auskommen.

Die Berufungseinwände in sachlicher Hinsicht verfangen ebenfalls nicht. Der Schmerzensausspruch des LG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Bei der Bemessung der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes ist im Anschluss an die grundlegende Entscheidung des BGH vom 6.7.1955 (BGHZ 18,145) von der Doppelfunktion ...

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