Leitsatz (amtlich)

Es gehört zur vergütungsfähigen Führung einer Pflegschaft, wenn der Pfleger in einer Kindschaftssache tätig wird, die seinen Aufgabenkreis betrifft. Dies gilt auch, wenn das Familiengericht nicht eindeutig zu erkennen gibt, ob der Gegenstand des von ihm betriebenen Verfahrens ein solches ist, welches den Aufgabenkreis des Pflegers tangiert, bzw. wenn es ein solches Verfahren mit einem Verfahren, dass auf Beendigung der Pflegschaft gerichtet ist, (verdeckt) verbindet.

 

Normenkette

BGB § 1836; VBVG § 1

 

Verfahrensgang

AG Wetzlar (Aktenzeichen 617 F 1019/11)

 

Tenor

Dem Ergänzungspfleger wird wegen der Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetzlar vom 27.06.2016, Az. 617 F 1019/11 PF, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand von Amts wegen bewilligt.

Auf die Beschwerde des Ergänzungspflegers vom 29.07.2016 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetzlar vom 27.06.2016, Az. 617 F 1019/11 PF, abgeändert und unter Einbeziehung des Beschlusses des Familiengerichts vom 13.10.2016 zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die dem Ergänzungspfleger aus der Staatskasse für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.03.2015 auf seinen Antrag vom 25.08.2015 zu erstattende Vergütung wird auf EUR 3.761,07 festgesetzt. Eine eventuelle Rückforderung nach den §§ 1836e BGB, 168 FamFG bleibt vorbehalten.

Es wird deklaratorisch festgehalten, dass in Teilbeträgen insgesamt bereits EUR 3.359,07 ausbezahlt wurden.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Ergänzungspfleger wendet sich mit seiner Beschwerde vom 29.07.2016, eingegangen am 31.07.2016, gegen eine mit Beschluss des Familiengerichts vom 27.06.2016 dem Ergänzungspfleger abgelehnte, von ihm aus der Staatskasse zu erstatten verlangte, weitere Vergütung von EUR 792,83 für den Zeitraum 01.07.2014 bis 30.03.2015.

Dies hatte folgenden Hintergrund:

Zu Az. 617 F 460/12 SO betrieb das Familiengericht ein Verfahren, in dem es die weitere Aufrechterhaltung eines Beschlusses vom 29.09.2011 zu prüfen hatte, mit dem den Eltern des jetzigen Pfleglings die Sorge über ihn entzogen worden war. Mit Beschluss vom 10.09.2012 änderte das Familiengericht seinen Beschluss vom 29.09.2011 dahingehend, dass dem Vater des Kindes die Sorge übertragen wurde, mit Ausnahme der Teilbereiche Recht zur Antragstellung in den Bereichen Sozialhilfeleistungen, Jugendhilfeleistungen, Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz, der Gesundheitsfürsorge, des Aufenthaltsbestimmungsrechts sowie des Rechts zur Regelung der Umgangskontakte des Kindes zu den Kindeseltern. Insoweit richtete es Pflegschaft ein und wählte den jetzigen Ergänzungspfleger aus. Zugleich stellte es fest, dass dieser berufsmäßig tätig wird. Am 07.11.2011 wurde der Ergänzungspfleger, der über eine Hochschulausbildung verfügt, durch das AG Langen im Wege der Rechtshilfe persönlich bestellt.

Am 14.10.2011 "beantragte" der Kindesvater, den Beschluss vom 29.09.2011 zu ändern, die Pflegschaft aufzuheben und den Ergänzungspfleger zu entlassen. Das Familiengericht stellte die diesbezügliche Eingabe des Vaters dem Ergänzungspfleger zu und bestimmte am 09.12.2014 Termin zur Anhörung der Eltern, des Kindes und des Pflegers auf den 29.01.2015, Az. 617 F 1091/14 UG.

Mit Schriftsatz vom 15.01.2015 begehrte die Kindesmutter die Regelung ihres Umgangs mit dem Kind, was zur Akte genommen wurde. Am 27.01.2015 begehrte auch der Ergänzungspfleger die (Neu-)Regelung des Umgangs der Eltern mit dem Kind, was ebenfalls Eingang in die Verfahrensakte fand. Nach Bestellung eines Verfahrensbeistandes für das Kind und Verlegung des Anhörungstermins auf den 24.02.2015 kam das Familiengericht in diesem Termin dazu, dass es den anwesenden Beteiligten einen Beschluss des Inhalts bekanntgab, dass der Beschluss vom 10.09.2012 insoweit abgeändert werde, als darin Teilbereiche der elterlichen Sorge auf den Ergänzungspfleger übertragen wurden. Insoweit verbleibe es künftig beim gemeinsamen Sorgerecht der Eltern.

In einem weiterhin bekanntgegebenen Beschluss stellte das Familiengericht fest, dass der Umgang der Eltern mit dem Kind keiner gerichtlichen Regelung bedürfe, sah von einer Gerichtskostenerhebung ab und setzte den Verfahrenswert auf EUR 6.000,00 fest, weil "... neben der reinen Umgangsregelung auch Fragen des Sorgerechts mit verhandelt worden sind...".

Bereits am 23.02.2015 hatte der Ergänzungspfleger im Verfahren 617 F 1091/14 UG eine umfangreiche Stellungnahme eingereicht, die sich auch kritisch mit der verfahrensrechtlichen Vorgehensweise des Vaters und des Familiengerichts auseinandersetzte und für deren Fertigung er am 28.01.2015 450 Minuten, am 20.02.2015 155 Minuten, am 21.02.2015 140 Minuten und am 23.02.2015 insgesamt 620 Minuten aufgewandt haben will.

Am 25.08.2015 begehrte der Ergänzungspfleger die Festsetzung von EUR 4.048,62 aus der Staatskasse für den Zeitraum 01.07.2014 bis 30.03.2015, da der Pflegling mittellos is...

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