Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwartschaften in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 57 F 555/03)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich hinsichtlich der Begründung von Rentenanwartschaften zu Lasten der Versorgungsanwartschaften der Ehefrau bei der Beschwerdeführerin wie folgt abgeändert:

Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften der Ehefrau bei der Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt - Nr.: ... werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Ehemannes bei der BfA in Berlin Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 35,56 Euro monatlich, bezogen auf die Ehezeit vom 1.7.1976 bis zum 31.3.2003, begründet.

Der Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen,

Beschwerdewert: 500 Euro.

 

Gründe

Das AG hat durch das angefochtene Urteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es in einem ersten Rechenschritt die beiderseits in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften der Parteien zugunsten des Antragsgegners ausgeglichen. In einem zweiten Rechenschritt hat es zu Lasten der Anwartschaften der Antragstellerin auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Beschwerdeführerin Rentenanwartschaften zugunsten des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 58,68 Euro begründet. Diesen Betrag hat es ermittelt, indem es den Jahresbetrag der ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaft der Antragstellerin bei der Beschwerdeführerin mit dem Barwertfaktor 7,59 multipliziert und den sich ergebenden Betrag von 25.864,90 Euro mit den amtlichen Rechengrößen zunächst in Entgeltpunkte und dann in eine dynamische Rente von 117,35 Euro umgerechnet hat. Das AG ist dabei davon ausgegangen, dass der Wert der Zusatzversorgung ab Leistungsbeginn in gleicher Weise wie der Wert einer volldynamischen Versorgung steigt und hat demzufolge gemäß Anm. 2 zu Tabelle 1 der Barwertverordnung den Faktor 4,6 der sich bei einem Lebensalter der Antragstellerin von 49 Jahren zum Ende der Ehezeit ergibt, um 65 % erhöht.

Mit ihrer Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Anwartschaften bei ihr sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium statisch seien, so dass der Barwertfaktor 4,6 nicht zu erhöhen sei.

Die Parteien und die weitere Beteiligte zu 2) hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde.

Die alle Form- und Fristerfordernisse wahrende Beschwerde ist begründet. Der Senat verbleibt bei der bisher in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach die Anwartschaften in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nach der Umgestaltung des Zusatzversorgungsrechts zum 31.12.2000 sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als statisch anzusehen sind (ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.11.2002 - 1 UF 108/02; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.4.2002 - 4 UF 58/02; OLG Nürnberg, Beschl. v. 24.5.2002 - 7 UF 717/02). Allerdings ist diese Auffassung in der neueren Rechtsprechung umstritten. So vertritt das AG Tempelhof-Kreuzberg die Auffassung, dass die Anwartschaften aus der Zusatzversorgung im Leistungsstadium als volldynamisch anzusehen sei, weil mit den künftig festgelegten Steigerungsraten von 1 % annähernd die Steigerungsraten in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht seien (AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg v. 14.10.2003 -- 133 F 9174/02, FamRZ 2003, 1932). Demgegenüber ist das OLG Jena der Auffassung, dass die Anwartschaften in der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung im Leistungsteil statisch aber im Anwartschaftsteil dynamisch seien, da der künftigen Kapitaldeckung ein Rechnungszins von 3,25 % zugrunde liege (OLG Jena v. 20.8.2003 -- 1 UF 366/02, OLGReport Jena 2003, 558 = FamRZ 2003, 1929).

Der Sachverständige G. hat in dem im vorliegenden Verfahren vom AG eingeholten Gutachten ausgeführt, dass eine Volldynamik im Anwartschaftszeitraum deshalb nicht gesichert sei, weil ein Teil der Überschüsse für soziale Leistungen verwendet werden. Er bewertet daher das Anrecht im Anwartschaftsstadium nicht als dynamisch. Hinsichtlich des Leistungszeitraums hat der Sachverständige die Bewertung letzten Endes offengelassen und in seinem Gutachten beide Varianten alternativ berechnet.

Der Senat folgt zunächst dem Sachverständigen G. insoweit, als er die Anwartschaft ggü. der Beschwerdeführerin im Anwartschaftsstadium nicht als volldynamisch ansieht. Wegen der teilweisen Verwendung der Überschüsse für soziale Leistungen lässt sich derzeit eine Dynamik im Anwartschaftsstadium nicht prognostizieren. Hinsichtlich des Leistungsstadiums geht der Senat nach wie vor davon aus, dass ein festgeschriebener Steigerungssatz von 1 % nicht ausreicht, um die Annahme einer Dynamik zu rechtfertigen. In der Vergangenheit waren im längerfristigen Durchschnitt die Ste...

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