Leitsatz (amtlich)

1. Erhebt ein dem Grunde nach Unterhaltsberechtigter gegen einen dem Grunde nach Unterhaltspflichtigen einen (unbezifferten) Stufenantrag und ergibt sich aus der daraufhin erteilten Auskunft, dass ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, erledigt sich der unbezifferte Leistungsantrag dadurch nicht, weil er von Anfang an unbegründet war (BGH, FamRZ 1995, 348).

2. Spätestens seit Inkrafttreten des § 243 FamFG zum 1.9.2009 kann eine einseitig gebliebene Erledigungserklärung in einer Unterhaltssache nicht mehr als dahingehende Antragsänderung ausgelegt werden, dass nunmehr die Feststellung begehrt wird, dass der im Wege des unbezifferten Stufenantrags auf Zahlung in Anspruch genommene Antragsgegner dem Antragsteller in Folge des Verzugs mit der geschuldeten Auskunftserteilung materiell-rechtlich zum Ersatz der nutzlos aufgewendeten Kosten verpflichtet ist. Der Antragsteller muss sich entscheiden, ob er seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Rahmen eines gesonderten gerichtlichen Verfahrens (dessen Vorbereitung die Feststellung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs dienen würde) oder im Rahmen der nach einer Antragsrücknahme gemäß § 243 FamFG nach billigem Ermessen zu treffenden prozessualen Kostenentscheidung geltend macht (Abgrenzung zu BGH, FamRZ 1995, 348).

 

Normenkette

FamFG § 243; ZPO § 269

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 456 F 5042/17)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die als Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache auszulegende einseitige Erledigungserklärung der Antragstellerin gemäß Schriftsatz vom 25.8.2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden ebenfalls gegeneinander aufgehoben.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug wird zurückgewiesen.

Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.423,08 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 13.10.2016 unter Fristsetzung bis zum 28.10.2016 zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse im Zeitraum zwischen Oktober 2015 und Oktober 2016 auf. Nachdem der Antragsgegner die begehrte Auskunft bis dahin nicht erteilt hatte, reichte die Antragstellerin am 16.2.2017 beim Amtsgericht einen auf den 14.2.2017 datierten, mit einem Verfahrenskostenhilfeantrag verbundenen Stufenantrag ein, mit welchem sie vom Antragsgegner Auskunft über seine Einkommensverhältnisse im Zeitraum von Februar 2016 bis Januar 2017 und über sein Vermögen am 1.10.2016, Belegvorlage sowie die Zahlung eines nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Trennungsunterhalts ab 1.10.2016 verlangte.

Im Rahmen der Verfahrenskostenhilfeprüfung erteilte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 27.2.2017 Auskunft über seine Einkünfte im Zeitraum zwischen November 2015 und Oktober 2016 und legte Kopien der in diesem Zeitraum erteilten Verdienstbescheinigungen vor. Hinsichtlich der ihm im Jahr 2016 zugeflossenen Steuererstattung verwies er auf den der Antragstellerin bekannten Einkommenssteuerbescheid und den von der Antragstellerin diesbezüglich bereits geltend gemachten Zahlungsanspruch. Eine Auskunft über vorhandenes Vermögen enthielt der Schriftsatz nicht.

Nach erfolgter Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Antragstellerin und Zustellung des Stufenantrags an den Antragsgegner legte dieser mit Schriftsatz vom 9.6.2017 Verdienstbescheinigungen für den Zeitraum von Februar 2016 bis Januar 2017 vor und erklärte, am 1.10.2016 über kein Vermögen, jedoch gemeinsam mit der Antragstellerin über gesamtschuldnerische Verbindlichkeiten gegenüber der Commerzbank AG verfügt zu haben.

Nachdem die Antragstellerin daraufhin zunächst nur die Auskunftsstufe für erledigt erklärt hatte, erklärte sie mit Schriftsatz vom 25.8.2017 den Rechtsstreit insgesamt für erledigt und beantragte, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsgegner widersprach der ihm am 4.9.2017 zugestellten Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 11.9.2017, beim Amtsgericht eingegangen am 12.9.2017, soweit die Antragstellerin auch die Zahlungsstufe ihres Stufenantrags für erledigt erklärt hatte.

Dennoch ging das Amtsgericht zunächst von einer übereinstimmenden Erledigungserklärung aus und erlegte dem Antragsgegner mit Beschluss vom 13.10.2017 die Kosten des Rechtsstreits auf. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hob es den Beschluss vom 13.10.2017 wieder auf und setzte den Beteiligten, die sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, eine Schriftsatzfrist. Gleichzeitig wies es wiederholt darauf hin, dass es die einseitig gebliebene Erledigungserklärung der Antragstellerin dahingehend auslegt, dass die Feststellung begehrt wird, "dass der Antrag im Zeitpunkt der Auskunftserteilung du...

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