Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuchrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein rechtskräftiges Urteil, das gem. § 894 ZPO die Eintragungsbewilligung für ein Nutzungsrecht an einer Wohnung ersetzen soll, unterliegt beim Vollzug im Grundbuch den Anforderungen, die nach dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz an eine Eintragungsgrundlage zu stellen sind.

 

Normenkette

BGB § 1090 Abs. 1; ZPO § 894 S. 1; GBO § 19

 

Verfahrensgang

AG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 11.01.2011)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 17.11.2011; Aktenzeichen V ZB 58/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Zu UR-Nr. xxx/1977 des Notars A vom ... 7.1977 (Bl. 33 ff. d. A) haben die Antragstellerin und ihr Ehemann den betroffenen Grundbesitz an den Beteiligten zu 2) veräußert, wobei neben einer einmaligen Zahlung von 70.000 DM eine monatliche Rentenzahlung von 300 DM mit Gleitklausel vereinbart wurde. Unter § 11 des Vertrages bestellte der Beteiligte zu 2) den Verkäufern ein Wohnungsrecht an der Obergeschosswohnung. Unter § 22 des Vertrages heißt es:

"Dem Käufer ist bekannt, dass in der unteren Wohnung des durch diesen Vertrag erworbenen Hausgrundstücks die Tochter der Veräußerer und der Schwiegersohn wohnen. Verkäufer erklären, dass diese bis Oktober 1977 ausziehen wollen. Sobald die Wohnung geräumt ist, steht sie dem Käufer auf die Dauer von 1 Jahr und 2 Monaten zur Verfügung, damit er diese selbst bewohnen kann. Über die weitere Verwendung dieser Wohnung werden die Vertragsparteien zu gegebener Zeit eine weitere Vereinbarung treffen."

Mit Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2) am 7.12.1977 wurden in Abt. II des Grundbuchs neben einer Reallast und einer Auflassungsvormerkung als lfde. Nr. 4 eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) für die Antragstellerin und ihren Ehemann als Gesamtberechtigte eingetragen.

Laut einer zu seiner UR-Nr. yyy/1977 ebenfalls am ... 7.1977 durch den Notar A beurkundeten 2. Ausfertigung verpflichtete sich der Beteiligte zu 2) nach der Räumung durch die Eheleute B und der eigenen Nutzung für die Dauer von 1 Jahr und 2 Monaten die untere Wohnung unentgeltlich der Antragstellerin und ihrem Ehemann zu überlassen, denen das Recht zustehen sollte, die untere Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich Dritten zur Benutzung zu überlassen. Ferner verpflichtete sich der Beteiligte zu 2), das Recht durch Eintragung im Grundbuch für die Eheleute C absichern zu lassen.

Die Antragstellerin hat auf der Grundlage dieser Verpflichtung am 31.8.2010 ein seit dem 22.10.2010 rechtskräftiges Urteil des LG Limburg -Az 4 O 307/09 - erwirkt, in dem der Antragsgegner verurteilt worden ist, die Eintragung eines Nutzungsrechts betreffend die untere Wohnung in dem betroffenen Grundstück zu bewilligen. Unter dem 29.10.2010 hat die Antragstellerin dieses Urteil durch ihren Verfahrensbevollmächtigten beim Grundbuchamt eingereicht und die Eintragung des im Urteilstenor bezeichneten Nutzungsrechts in Abt. II des Grundbuchs beantragt.

Der Rechtspfleger beim Grundbuchamt hat durch Verfügung vom 2.11.2010 dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, dass der beantragten Eintragung folgendes Hindernis entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung gem. § 18 GBO eine Frist von einem Monat gesetzt werde, und im weiteren ausgeführt, die durch das Urteil ersetzte Bewilligung verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da aus dem Urteil nicht ersichtlich sei, welcher Art die Nutzung der unteren Wohnung sein solle. Falls die Bestellung eines ausschließlichen Wohnungsrechts gewollt sein sollte, seien die betroffenen Räume in der Bewilligung so genau zu bezeichnen, dass auch ein Dritter ohne weiteres feststellen könne, welche Räume gemeint sind. Auf die (in der Urteilsbegründung erwähnte) sog. 2. Ausfertigung der Vereinbarung vom ... 7.1977 werde im Urteilstenor nicht Bezug genommen, noch liege sie dem Grundbuchamt als Anlage zur Bewilligung vor.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat unter dem 1.12.2010 mitgeteilt, im Untergeschoss gebe es nur eine einzige Wohnung, die aus 4 Zimmern, Küche, Bad, Speisekammer, Flur und Gäste-WC bestehe und natürlich auch nur zu Wohnzwecken benutzt werde. Weiter ist diesem Schreiben eine Kopie der 2. Ausfertigung der UR-Nr. yyy/1977 des Notars A vom ... 7.1977 beigefügt worden. Mit Verfügung vom 7.12.2010 hat der Grundbuchrechtspfleger dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, dass der beantragten Eintragung "noch ein weiteres Hindernis" entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung gem. § 18 GBO eine Frist von einem Monat gesetzt werde, und im weiteren ausgeführt, die Zwischenverfügung vom 2.11.2010 werde aufrechterhalten, da die vorgelegte Kopie die aufgezeigten Hindernisse nicht beseitigen könne.

Auf die mit dieser Verfügung erteilte Rechtsmittelbelehrung hat der Verfahrensb...

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