Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarungsvergütung und Geschäftsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Das in einer Vergütungsvereinbarung vereinbarte Honorar ist keine Geschäftsgebühr.

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 3100, 3200; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-12 O 325/07)

 

Gründe

I. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen auf Grund einer Vergütungsvereinbarung, der zufolge er nach Stundenaufwand abrechnet (Bl. 255 d.A.), vorgerichtlich tätig geworden war, haben die Parteien vor dem LG Frankfurt/M. einen Rechtsstreit geführt. In diesem hat das LG mit Anerkenntnisurteil vom 27.5.2008 (Bl. 165 d.A.) die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars A in O1 vom 12.7.2000 (UR Nr. .../2000) für unzulässig erklärt und der Beklagten auferlegt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit Beschluss vom 22.7.2008 (Bl. 201 d.A.) hat das LG den Streitwert auf EUR 536.856,47 festgesetzt.

Auf Antrag des Klägers vom 20.8.2008, der am 21.8.2008 bei Gericht eingegangen ist (Bl. 216, 217 d.A.), hat das LG mit Beschluss vom 8.10.2008 (Bl. 226 d.A.) zugunsten des Klägers Kosten i.H.v. EUR 8.317,72 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.8.2008 gegen die Beklagte festgesetzt. Dieser Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 21.10.2008 zugegangen (Bl. 230 d.A.). Mit am 30.10.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 28.10.2008 (Bl. 198, 199 d.A.) hat der Kläger sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt und sein Rechtsmittel dagegen gerichtet, dass das LG lediglich eine gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV um die Hälfte verminderte Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von EUR 536.856,47 festgesetzt hat. Der Kläger, der die Beschwerde mit Schriftsätzen vom 28.11.2008 (Bl. 239, 240 d.A.), vom 17.12.2008 (Bl. 246 bis 249 d.A.) und vom 30.12.2008 (Bl. 254 d.A.) weiter begründet hat, ist der Auffassung, die Verfahrensgebühr sei nicht gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV vermindert, weil er vorgerichtlich auf Grund einer Vergütungsvereinbarung tätig geworden sei, so dass keine Geschäftsgebühr entstanden sei. Er begehrt die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass ihm eine 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von EUR 536.856,47, also weitere EUR 2.044,90 zzgl. 19 % Umsatzsteuer auf diesen Betrag i.H.v. EUR 388,53, mithin über den bereits festgesetzten Betrag hinaus weitere EUR 2.433,43 gegen die Beklagte festgesetzt werden. Die Beklagte ist der Beschwerde mit Schriftsätzen vom 19.11.2008 (Bl. 235, 236 d.A.) und vom 9.1.2009 (Bl. 262 d.A.) entgegen getreten. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 242, 243 d.A.).

II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.

Der Senat kann über die sofortige Beschwerde entscheiden, obwohl das Abhilfeverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.

Im Rahmen des Verfahrens gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO war die Rechtspflegerin des LG dazu verpflichtet zu prüfen, ob auf die sofortige Beschwerde hin eine Abänderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses veranlasst ist, und diese gegebenenfalls vorzunehmen. Dazu hatte sie das Vorbringen des Klägers nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich auch mit diesem auseinanderzusetzen (OLG Nürnberg MDR 2004, 169) und eine Entscheidung zu treffen. Dieser Pflicht ist die Rechtspflegerin des LG nicht nachgekommen. Sie hat den Vortrag des Klägers nicht gewürdigt und deshalb die Nichtabhilfeentscheidung ohne hinreichende Grundlage getroffen. Damit hat sie nicht nur den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, sondern auch dem Zweck des Abhilfeverfahrens, begründete Beschwerden auf einem möglichst einfachen Weg zu erledigen, nicht genüge getan.

Der Senat entscheidet gleichwohl über die sofortige Beschwerde, ohne das Verfahren an das LG zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe zurückzuverweisen. Dies ist möglich, weil die ordnungsgemäß Durchführung des Abhilfeverfahrens keine Voraussetzung des Beschwerdeverfahrens ist, so dass das Beschwerdegericht auch bei fehlerhaftem Abhilfeverfahren in der Sache selbst entscheiden kann (vgl. Heßler in Zöller, § 572 ZPO Rz. 4).

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist auch begründet.

Zu Unrecht hat das LG zugunsten des Klägers lediglich eine verminderte Verfahrensgebühr gegen die Beklagte festgesetzt. Der Kläger hat Anspruch auf Festsetzung einer nicht verminderten 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von EUR 536.856,47 zzgl. 19 % Mehrwertsteuer.

Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO zählen zu den von der unterliegenden Partei zu tragenden Kosten des Rechtsstreits die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Zu den nach dieser Regelung von der im Rechtsstreit unterlegenen Beklagten an den Kläger zu erstattenden Gebühren des Prozessbevollmächtigten gehören...

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