Entscheidungsstichwort (Thema)

Unklarheit einer Schiedsvereinbarung/Schlichtungsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine inhaltlich unklare Schlichtungsvereinbarung ist unwirksam.

 

Normenkette

ZPO § 1059 Abs. 1, § 2 Ziff. 1a

 

Tenor

Der Schlichtungsspruch des Schlichtungsausschusses der Landeszahnärztekammer Hessen vom 12.3.2003 wird aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers, den Schlichtungsspruch des Schlichtungsausschusses der Landeszahnärztekammer Hessen vom 12.3.2003 aufzuheben.

Durch Praxisübernahmevertrag vom 6.2.2002 verkaufte der Kläger seine … Zahnarztpraxis für 214.742,60 Euro an die Beklagte.

In § 10 des Vertrages (Bl. 9 ff. d.A.) vereinbarten die Parteien Folgendes:

„Rückkehrverbot

Der Übergeber verpflichtet sich, für die Dauer von 3 Jahren im Umkreis von 10 km weder eine eigene Zahnarztpraxis zu betreiben noch in einer anderen Praxis entgeltlich oder unentgeltlich tätig zu werden.

… Im Falle der Zuwiderhandlung hat der Übergeber eine sofort fällige Vertragsstrafe i.H.v. 98.241,92 Euro zu zahlen. Die Geltendmachung weiter gehender Schäden bleibt davon unberührt. …”

§ 14 hat folgenden Wortlaut:

„Schlichtungsabkommen

Bei Meinungsverschiedenheiten über die Geltung oder die Auslegung dieses Vertrages, seiner Bestandteile und seiner Anlagen sowie bei Vertragsverletzung aller Art wird vor der schiedsgutachterlichen Auseinandersetzung ein kollegiales Schlichtungsverfahren durchgeführt.

Dieses ist auch zuständig, wenn über das Zustandekommen der Schiedsgerichts- oder Schlichtungsvereinbarung gestritten wird.

Die Parteien einigen sich auf einen zahnärztlichen Schlichter, der im Falle der fehlenden Einigung durch die zuständige Landeszahnärztekammer benannt wird. …

Die evtl. Kosten des Schlichtungsverfahrens werden entspr. § 7 des Schiedsvertrages erhoben. …”

Die Schlichtungsordnung der Landeszahnärztekammer Hessen (Bl. 19 d.A.) bestimmt in § 2:

„Der Schlichtungsausschuss hat die Aufgabe, bei Streitigkeiten zwischen Berufsangehörigen sowie zwischen Berufsangehörigen und Dritten, die aus der zahnärztlichen Berufsausübung entstanden sind, auf gütlichem Wege einen Vergleich herbeizuführen oder – sofern die Parteien ihr Einverständnis dazu erklären – einen Schiedsspruch zu fällen.”

§ 3 lautet u.a.:

§ 3 Nr. 5:

„Die Ladung zur mündlichen Verhandlung ist den Betroffenen mindestens 14 Tage vor der Verhandlung … zuzustellen.”

§ 3 Nr. 7:

„Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist nicht möglich. Im Übrigen finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren entspr. Anwendung.”

Nach Übergabe der Praxis zahlte die Beklagte auf den vereinbarten Kaufpreis 179.000 Euro, woraufhin der Kläger das nach § 14 des Vertrages vorgesehene Schlichtungsverfahren beantragte. Die Landeszahnärztekammer informierte die Beklagte über die Einleitung des Schlichtungsverfahrens und bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 18.9.2002. Es wurde sodann ein weiterer Betrag von 31.878 Euro entrichtet, so dass nur noch 3.864 Euro offen standen. Am Verhandlungstag sagte die Beklagte den Termin ab, woraufhin die Landeszahnärztekammer neuen Termin auf den 12.3.2003 bestimmte. Als Vertreter der Beklagten fungierte insoweit Rechtsanwalt Dr. N.N.

Am 12.2.2003 stellte Rechtsanwalt N.N. für die Beklagte einen Antrag auf Einleitung eines weiteren Schlichtungsverfahrens, welches die Verurteilung des Klägers zur Unterlassung des Betreibens einer neuen Praxis sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe von 98.214,92 Euro zum Gegenstand hatte. Am 24.2.2003 übersandte die Landeszahnärztekammer ein an sie gerichtetes Schreiben vom 12.2.2003 (eigentlich: 21.2.2003) an den Klägervertreter (Rechtsanwalt A.A.), in dem Rechtsanwalt N.N. auf den Umstand hinwies, dass zwei Schlichtungsverfahren mit unterschiedlichen Anwälten der Beklagten anhängig seien und dass er es für sinnvoll halte, auch das zweite Verfahren auf den 12.3.2003 zu terminieren. Am 24.2.2003 teilte die Landeszahnärztekammer den Rechtsanwälten mit, dass sie es für sinnvoll halte, beide Termine am 12.3.2003 stattfinden zu lassen. Der Kläger wurde nicht informiert. Der Klägervertreter erklärte daraufhin mit Schreiben vom 27.2.2003, dass er zwischen beiden Terminen keinen Sachzusammenhang sehe, und bat um Terminsverlegung. Weder er noch der Kläger erschienen am 12.3.2003. Der Kläger reichte ein Attest nach, um sein Ausbleiben zu entschuldigen.

Am 12.3.2003 fällte der Schlichtungsausschuss der Landeszahnärztekammer Hessen folgenden Schlichtungsspruch:

„… Nach Anhörung der Frau …, die Dokumente vorlegen konnte, aus denen hervorgeht, dass Herr … zahnärztlich tätig ist (…), sieht der Schlichtungsausschuss einen klaren Verstoß gegen § 10 (Rückkehrverbot) des Praxisübernahmevertrags vom 6.2.2002 unter der Bedingung, dass der Umkreis von 10 km unterschritten wurde. Der räumliche Abstand der neuen zahnärztlichen Tätigkeit von der an Frau … übergebenen Praxis wurde vom Schlichtungsausschuss nicht geprüft.”

Nac...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge