Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit allumfassender Vollmacht des WEG-Hausverwalters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit einer Zwischenverfügung kann nicht darauf hingewirkt werden, eine Bewilligung abzugeben, welche erst die Grundlage für die einzutragende Rechtsänderung bilden soll.

2. Eine in der Teilungserklärung dem Hausverwalter erteilte allumfassende Vollmacht zur Vertretung sämtlicher Wohnungseigentümer für alle mit dem Wohnungseigentum zusammenhängenden Angelegenheiten ist wegen Verstoß gegen die unabänderlichen Strukturprinzipien des Wohnungseigentumsrechts unzulässig und damit unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 242; GBO §§ 13, 18-19, 71; WoEigG § 10 Abs. 2-3, § 27

 

Verfahrensgang

AG Friedberg (Hessen) (Verfügung vom 24.04.2014)

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Der verfahrensbevollmächtigte Notar reichte mit Schreiben vom 17.2.2014 seine UR-Nr .../2014 mit dem Antrag auf Wahrung der Urkunde im Grundbuch ein.

In dieser Urkunde erklärte der Verwalter der Wohnungseigentumsanlage A und B in O1 unter Hinweis auf eine Ermächtigung des Verwalters zur Vertretung der Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung vom 21.11.1967 und einen Beschluss der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 30.8.2013 folgende

Ergänzung der Teilungserklärung:

"§ 6 (Pflichten des Wohnungseigentümers) wird um einen Abschnitt c) wie folgt ergänzt:

c) Die Kosten für Instandhaltung, Reparatur und Erneuerung der Fenster sind, obwohl sie sich im Gemeinschaftseigentum befinden, vom jeweiligen Sondereigentümer selbst zu tragen."

Beigefügt war der Urkunde das unterschriftsbeglaubigte Protokoll der Eigentümer-versammlung vom 4.9.2009, in welchem die Hausverwaltung für die Zeit vom 1.1.2010 bis 31.12.2015 zum Verwalter bestellt wurde.

Nachgereicht wurde auf Anfordern des Grundbuchamtes das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.8.2013. Dort wurde zu TOP 3 zunächst mitgeteilt, dass der 1981 gefasste Beschluss, wonach die Kosten der Erneuerung von Fenstern von den Eigentümern der jeweiligen Wohnungen selbst zu tragen seien, nichtig sei. Nach einer Diskussion wurde sodann beschlossen, die Verwaltung mit Unterstützung des Verwaltungsbeirates zu beauftragen, eine allstimmige Erklä-rung vorbereiten zu lassen, in der alle Eigentümer ihre Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung erteilen, wobei die Änderung von einem ortsansässigen Notar vorbereitet werden und dahingehend erfolgen soll, dass die Fenster weiter-hin im Sinne des WEG und der Teilungserklärung im Gemeinschaftseigentum verbleiben, jedoch die Kosten der Instandhaltung, Reparatur und Erneuerung der Fenster vom jeweiligen Eigentümer selbst getragen werden sollen. Sollte die Gemeinschaft die Beauftragung zur Vorbereitung der allstimmigen Erklärung erteilen und alle Eigentümer dieser zustimmen, würden die Kosten für die Instandsetzung und Instandhaltung der Fenster wie bisher auch, durch alle Eigentümer selbst getragen werden. Dieser Antrag wurde mit 39 Ja-Stimmen bei 2 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Die Teilungserklärung vom 21.11.1967 enthält in § 8 (Vertretungsbefugnis des Verwalters) folgende Regelung:

"-1- Der Verwalter ist über die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse hinaus ermächtigt, die Wohnungseigentümer (alle, mehrere oder den Einzelnen) in allen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, die mit dem Wohnungseigentum zusammenhängen. Der Verwalter kann in solchen Angelegenheiten auch im eigenen Namen für Rechnung der Wohnungseigentümer (aller, mehrerer oder des Einzelnen) gerichtlich und rechtsgeschäftlich handeln. Der Verwalter ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

-2- Der Verwalter kann insbesondere ... d) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander treffen und demgemäß den Inhalt des Sondereigentums verändern und entsprechende Grundbucheintragungen bewilligen und beantragen; diese Befugnis umfasst auch das Recht, Grundstücke für die Wohnungseigentümer zu gemeinschaftlichem Eigentum zu erwerben und gem. § 3 WEG Sondereigentum einzuräumen oder Grundflächen abzutreten, Änderung der Miteigentumsbruchteile oder des Sondereigentums (z.B. Hinzunahme oder Abgabe von Räumen) mit Wirkung für und gegen alle Wohnungseigentümer (Teileigentümer) zu erklären und grundbuchlich zu wahren, das Wohnungs(Teileigentum) mit Dienstbarkeiten zu belasten oder solche zu ändern oder zu löschen ..."

Wegen der Einzelheiten der eingangs genannten notariellen Urkunde sowie des Protokolls der Eigentümerversammlung zu TOP 3 vom 30.8.2013 und der Teilungserklärung vom 21.11.1967 wird im Übrigen auf die in der Akte befindlichen Urkunden Bezug genommen.

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes beanstandete mit Zwischenverfügung vom 24.4.2014, die Eintragung der Änderung bzw. Ergänzung des Inhaltes des Sondereigentums könne nur auf Antrag und Bewilligung aller Wohnungs- und Teileigentümer in öffentlich beglaubigter Form erfolgen. Ein Mehrheitsbeschluss genüge nicht. Die Änderung bedürfe we...

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