Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der zur Zahlung verurteilte Insolvenzverwalter in Ausübung seiner Befugnis nach § 711 ZPO zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nach § 708 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil Geld hinterlegt, steht die nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils erfolgte Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 InsO und das daraus folgende Vollstreckungsverbot des § 210 InsO einer Auszahlung des hinterlegten Betrages an den Gläubiger nicht entgegen.

2. Bei der Hinterlegung von Geld als Prozesssicherheit im Sinne von §§ 108 ff. ZPO erwirbt der Gläubiger ein gesetzliches Pfandrecht im Sinne des § 233 BGB an dem Rückzahlungsanspruch des Hinterlegers gegen die Landeskasse.

 

Normenkette

ZPO §§ 108, 708, 711; EGGVG §§ 23 ff.; HintG HE §§ 5, 31, 22; InsO §§ 208, 210; BGB § 233

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.09.2015)

BGH (Aktenzeichen IV AR (VZ) 2/17)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.02.2018; Aktenzeichen IV AR(VZ) 2/17)

 

Tenor

Der Antrag vom 22.02.2016 auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten zu tragen.

Die Vollziehung der Herausgabeanordnung der Hinterlegungsstelle des AG Frankfurt am Main vom 22.09.2015 -.../14 - wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung ausgesetzt.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird auf 142.999,90 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bescheid des Präsidenten des AG Frankfurt am Main vom 19.01.2016, mit welchem dieser die Beschwerde im Aufsichtswege gegen eine Herausgabeanordnung der Hinterlegungsstelle zurückgewiesen hat.

Der weitere Beteiligte nahm den Antragsteller als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH in einem Zivilprozess (LG Frankfurt am Main Az.../10, Oberlandesgericht Frankfurt am Main Az.../13) auf Zahlung von 206.750,00 EUR zzgl. Zinsen in Anspruch. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21.05.2014 (Bl. 4 ff. der Akten der Hinterlegungsstelle zu.../14) wurde der Antragsteller zur Zahlung von 191.116,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 13,5 % (p. a.) seit dem 01.01.2009 an den weiteren Beteiligten verurteilt. Das Urteil war vorläufig vollstreckbar nach § 708 Nr. 10 ZPO. Beiden Parteien war nach § 711 ZPO die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nachgelassen, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit leistete.

Nachdem die Verfahrensbevollmächtigte des weiteren Beteiligten den Antragsteller unter dem 26.06.2014 (vgl. Bl. 21d. der Akten der Hinterlegungsstelle des AG Frankfurt am Main zu.../14) unter Verweis auf eine zwischenzeitlich erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Urteils und unter Androhung der Einleitung der Zwangsvollstreckung zur Zahlung des sich aus dem Urteil ergebenden Betrages nebst Zinsen aufgefordert hatte, hinterlegte der Antragsteller einen Betrag von 334.116,73 EUR bei der Hinterlegungsstelle. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag auf Annahme von Geldhinterlegungen vom 17.07.2014 (Bl. 1 der Hinterlegungsakte) und die Annahmeanordnung mit Hinterlegungsbescheinigung vom 22.07.2014 (Bl. 2d. Hinterlegungsakte) Bezug genommen.

Nachdem das genannte Urteil am 20.06.2015 rechtskräftig geworden war, beantragte der weitere Beteiligte bei der Hinterlegungsstelle mit Anwaltsschreiben vom 23.06.2015 (Bl. 23 f. d. Hinterlegungsakte) Auszahlung des gesamten hinterlegten Geldbetrages. Er verwies darauf, dass die Hauptforderung nebst aufgelaufenen Zinsen den hinterlegten Betrag übersteige. Der Antragsteller erklärte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 06.07.2015 (Bl. 30d. Hinterlegungsakte) die Freigabe hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe der titulierten Hauptforderung von 191.116,83 EUR. In der Folge erließ die Hinterlegungsstelle eine Teil-Herausgabeanordnung (Bl. 33d. Hinterlegungsakte) über den vorgenannten Betrag, welcher sodann ausbezahlt wurde.

Nachdem der weitere Beteiligte mit Anwaltsschriftsatz vom 12.08.2015 (Bl. 38 ff. d.A.) eine mit Rechtskraftvermerk versehene vollstreckbare Ausfertigung des genannten Urteils bei der Hinterlegungsstelle vorgelegt hatte, erließ diese unter dem 22.09.2015 eine weitere Herausgabeanordnung (Bl. 53d. Hinterlegungsakte) über den Restbetrag in Höhe von 142.999,90 EUR.

Gegen die letztgenannte Herausgabeanordnung hat der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 24.09.2015 (Bl. 1 der Akte des Beschwerdeverfahrens des Präsidenten des AG Frankfurt am Main zu .../15) Beschwerde nach § 5 Abs. 1 des Hessischen Hinterlegungsgesetzes (HintG) eingelegt. Er hat ausgeführt, dass die Empfangsberechtigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 HintG nachgewiesen sei, wenn diese durch rechtskräftige Entscheidung gegen die Beteiligten festgestell...

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