Leitsatz (amtlich)

1. Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Beseitigung von unerlaubt errichteten baulichen Anlagen gem. § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. den §§ 15 Abs. 3, 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG kann sich im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 242 BGB darstellen. Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann in diesem Zusammenhang getroffene tatsächliche Feststellungen durch die Tatsacheninstanzen nicht umfassend auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüfen, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht.

2. Bloße Konkurrenzschutzerwägungen können in der Regel keinen wichtigen Grund zur Versagung der Veräußerungszustimmung durch einen Wohnungseigentümer i.S.d. § 12 Abs. 2 WEG begründen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1004; FGG § 27; WEG §§ 12, 14-15, 22, 43

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 06.12.2005; Aktenzeichen 3 T 556/05)

AG Fritzlar (Aktenzeichen 8b II 2/03 (12))

 

Tenor

Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsteller 93 % und der Antragsgegner 7 % zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht erstattet.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 150.831,10 EUR.

 

Gründe

I. Der Antragsteller zu 1) war Eigentümer des ehemals im Grundbuch von O1, Band..., Blatt... unter laufender Nr. ... des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücks Gemarkung O1, Flur..., Flurstück..., Gebäude- und Freifläche,...-Straße,...qm. Im Mai 1991 pachtete der Antragsgegner denjenigen Bereich des Grundbesitzes, welcher in den von den Antragstellern vorgelegten Lageplan (Bl. 162 d.A.) mit violetter Farbe umrahmt ist, zum Betrieb eines Abschleppunternehmens sowie einer Autoverwertung. Durch Erklärung vom 11.7.1994 zu Urkundenrolle Nr. .../1994 des Notars A, O1, auf die Bezug genommen wird (Bl. 5 ff. d.A.), teilte der Antragsteller das Anwesen nach Maßgabe von § 8 WEG. Während ein Miteigentumsanteil von... verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an dem im Lageplan (Bl. 162 d.A.) gelb umrahmten Bereich nunmehr den Antragstellern zusteht, wurde der... Miteigentumsanteil verbunden mit dem im genannten Lageplan violett eingegrenzten Bereich durch Vertrag vom 2.12.1994 zu Urkundenrolle Nr. .../1994 des Notars A, O1, an den Antragsgegner veräußert. Dieser wurde alsbald im Wohnungsgrundbuch des AG Homberg Blatt... eingetragen und errichtete auf dem Anwesen in den folgenden Jahren zwei Werkstattgebäude, deren Obergeschosse er zu Wohnzwecken ausbaute. Durch - weiteren - Vertrag vom 25.10.1995 des Notars A verkauften die Antragsteller den... Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an den im genannten Lageplan nach Abzug der gelb und violett umrahmten Flächen verbleibenden Bereich an den Kaufmann B. Zu einer Eintragung in das Wohnungsgrundbuch ist es bislang nicht gekommen, weil der Antragsgegner unter Hinweis auf § 6 der Teilungserklärung vom 11.7.1994 (Bl. 9 d.A.), wonach jeder Teileigentümer zur Veräußerung seines Teileigentums der Zustimmung aller übrigen Eigentümer bedarf und diese Zustimmung nur versagt werden darf, wenn begründete Zweifel bestehen, dass der Erwerber die ihm obliegenden finanziellen Verpflichtungen erfüllen kann bzw. der Erwerber sich in die Eigentümergemeinschaft einfügt, sein Einverständnis verweigert.

Mit der Behauptung, sie hätten seit 1996 ihren Wohnsitz in Spanien und deshalb erst im September 2000 davon Kenntnis erlangt, dass der Antragsgegner inzwischen eine Halle mit Wohnhaus errichtet habe, haben die Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners angestrebt, diejenigen Bauteile zu beseitigen, die auf der Skizze Bl. 100 d.A. mit "WER(K)STATT VORH" und "LAGERHALLE VORH." sowie "ANBAU" bezeichnet sind. Zugleich haben sie den Antragsgegner für verpflichtet gehalten, seine Zustimmung zu dem am 25.10.1995 mit dem Kaufmann B geschlossenen Grundstückskaufvertrag zu erteilen. Letzteres verweigerte der Antragsgegner mit der Begründung, B sei Geschäftsführer einer GmbH, welche sich - wie auch der Antragsgegner - mit dem Betrieb eines Abschleppdienstes beschäftige.

Nach Vernehmung der Zeugen A, C und D, wegen deren Ergebnis auf die Niederschrift über die Sitzung vom 18.3.2004 (Bl. 72 ff. d.A.) Bezug genommen wird, ist der Antragsgegner durch Beschluss des AG vom 18.5.2005 (Bl. 117 ff. d.A.), auf dessen Inhalt verwiesen wird, verpflichtet worden, seine Zustimmung zu dem Grundstückskaufvertrag vom 25.10.1995 zu erteilen. Der weiter gehende Antrag der Antragsteller ist zurückgewiesen worden. Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Antragsteller, als auch der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, mit welchen sie ihre ursprünglichen Begehren weiter verfolgt haben.

Das LG hat die Akten des AG Melsungen, Az. 1 M 631/04, beigezogen und die Zeugin E uneidlich vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf den Inhalt des Protokolls des LG vom 6.12.2005 (Bl. 171 ff. d.A.) verwiesen. Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 180 ff. d.A.) hat das...

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