Leitsatz (amtlich)

1. Die Inbetriebnahme einer technischen Anlage (Kälteanlage für medizinisch genutzte Räume) stellt keine Abnahme dar, wenn die Werkleistung nicht fertig gestellt ist, sondern Restarbeiten fehlen, die für die Entscheidung des Bestellers, das Werk als vertragsgemäße Erfüllung zu akzeptieren, nicht unbedeutend sind.

2. Aus dem Verhalten des Bestellers kann nicht der Schluss auf eine konkludente Abnahme gezogen werden, wenn er ausdrücklich auf eine förmliche Abnahme bestanden hat. Kommt der Besteller aber längere Zeit nicht mehr auf die ursprüngliche Forderung nach förmlicher Abnahme zurück und nutzt er die Anlage mehrere Monate uneingeschränkt, ohne Mängel zu rügen, kann sein Verhalten als konkludenter Verzicht auf die förmliche Abnahme verstanden werden.

3. Eine Werkleistung ist mangelhaft, wenn der Unternehmer ein anderes als das in dem Vertrag vereinbarte Material verwendet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ausführung der üblichen Erwartung entspricht und für den üblichen Verwendungszweck tauglich ist,

4. Bei der Bemessung der Angemessenheit der Nachbesserungsfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B ist zu berücksichtigen, dass der Unternehmer, der mangelhaft geleistet hat, zu vermehrten Anstrengungen verpflichtet ist, um den Mangel kurzfristig zu beseitigen.

5. Der Besteller verstößt nicht schon dann gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er den Mangel nicht unverzüglich nach Ablauf der dem Unternehmer gesetzten Nachbesserungsfrist beseitigen lässt. Vielmehr ist ein Zeitraum zu bestimmen, in dem dem Geschädigten unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. der Möglichkeit zu Finanzierung, die Beseitigung möglich war. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht kann zudem nur angenommen werden, wenn eine Differenz zwischen der Steigerung der Baupreise und der allgemeinen Teuerungsrate besteht und der Geschädigte die Prognose von Baukostensteigerungen über die allgemeine Teuerungsrate hinaus stellen konnte und musste (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.2004 - VII ZR 426/02, MDR 2004, 626 = BGHReport 2004, 720).

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 3 O 26/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Kleve unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten zu 1. und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers im Zinsausspruch teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 79.770,85 EUR nebst 4 % Zinsen aus 71.814,01 EUR seit dem 23.2.2001 und aus 7.956,84 EUR seit dem 9.12.2005 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger darüber hinaus sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesem im Zusammenhang mit der mangelhaften Installation der klimatechnischen Anlage gemäß Werkvertrag vom 15.9.1995 noch entstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz werden wie folgt aufgeteilt:

Die durch die Beweisaufnahme entstandenen Gerichtskosten tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 1) zu 20 %. Die übrigen Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte.

Die durch die Beweisaufnahme veranlassten außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 1) zu 20 %. Die übrigen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagte zu 1) und der Kläger je zur Hälfte.

Die durch die Beweisaufnahme veranlassten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 1) zu 20 %. Im Übrigen trägt die Beklagte zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt auf geteilt:

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Beklagten können eine Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 1), die im Rahmen des Neubaus einer radiologischen Arztpraxis des Klägers die klimatechnischen Arbeiten ausführte, und gegen die Beklagte zu 2) als Erbin des bei dem Bauvorhaben tätigen Architekten M Schadensersatz- und Feststellungsansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer Installation des Kühlwasserrohrsystems geltend. Der Architektenvertrag kam am 23.5.1995 auf der Grundlage des Schreibens des Architekten vom 8.5.1995 zustande. Mit der Beklagten zu 1) schloss der Kläger am 13./15.9.1995 unter Einbeziehung der VOB/B unter Zugrundelegung des Angebots vom 18.7.1995 den Bauvertrag. Die Praxis wurde Anfang 1996 in Betrieb genommen....

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