Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem unbezifferten Feststellungsantrag ist ein Grundurteil regelmäßig nicht zulässig. Wird bei einer Schadensersatzklage ein Zahlungsantrag mit einem Antrag auf Feststellung der weiter gehenden Schadensersatzpflicht verbunden, so ist deshalb in aller Regel ein Grundurteil hinsichtlich des Zahlungsantrags mit einem Teilurteil hinsichtlich des Feststellungsantrags zu verbinden.

2. Bei einem Werkvertrag setzt ein Organisationsverschulden des Architekten, das zu einer dreißigjährigen Verjährungsfrist des Schadensersatzanspruchs des Bestellers führen kann, nicht voraus, dass der Architekt die geschuldete Bauüberwachung nicht arbeitsteilig organisiert, sondern selbst wahrnimmt.

3. Über die Rechtsfigur des Organisationsverschuldens soll nicht erreicht werden, dass der Architekt auch bei Fahrlässigkeit im Rahmen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren haftet (wie OLG Hamm BauR 2002, 1706 [1708]).

4. Der mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt ist verpflichtet, die Mangelfreiheit des Baus zu überwachen, die Ursachen erkennbar gewordener Baumängel aufzuklären und den Bauherrn entsprechend zu unterrichten. Dabei handelt es sich nicht um eine Nebenpflicht, sondern um die Hauptpflicht aus dem Architektenvertrag (wie LG Deggendorf BauR 2002, 339). Ansprüche gegen den Architekten, der dieser Pflicht fehlerhaft nachkommt, können sich daher nur aus § 635 BGB mit der Verjährungsfrist des § 638 BGB (fünf Jahre) ergeben und nicht aus positiver Vertragsverletzung mit der Folge einer dreißigjährigen Verjährungsfrist.

5. Jedenfalls würde ein derartiger Anspruch aus positiver Vertragsverletzung der fünfjährigen Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 638 Abs. 1 BGB unterliegen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 23.04.2003; Aktenzeichen 13 O 208/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23.4.2003 verkündete Grundurteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des LG Düsseldorf geändert und wie folgt als Schlussurteil neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen den beklagten Architekten einen Anspruch auf Ersatz der Schäden geltend, die ihm als Folge einer unzureichenden Bauaufsicht des Beklagten entstanden sein sollen. Der Beklagten hatte für den Bau des Wohnhauses des Klägers mit angebauter Garage in den Jahren 1975/76 die Vollarchitektur übernommen. Die Garage zeigt heute umfangreiche Risse. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 392 ff. GA) Bezug genommen.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Grundurteil für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB. Die Garage weise nach dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens Fehler auf, die bei einer pflichtgemäß vom Beklagten vorgenommenen Bauaufsicht vermieden worden wären. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil mit Blick auf die Schwere der Mängel die Voraussetzungen für ein Organisationsverschulden des Beklagten anzunehmen seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter verfolgt. Zur Begründung führt er aus, dass die vom Sachverständigen festgestellten Gründungsfehler der Garage nur für einen Teil der Fundamente festgestellt worden seien. Im Übrigen sei nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Ursache der Risse die unzureichende Gründung der unmittelbar auf dem Nachbargrundstück angrenzenden Garage, wofür er - der Beklagte - nicht verantwortlich gemacht werden könne. Der Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, die Voraussetzungen für ein Organisationsverschulden lägen nicht vor. Ein nicht verjährter Anspruch des Klägers sei auch deshalb ausgeschlossen, weil letzterer nach seinem eigenen Vortrag die Rissbildung bereits im Jahre 1978 bemerkt habe.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, die Feststellungen des Sachverständigen reichten völlig aus, um eine Verpflichtung des Beklagten dem Grunde nach festzustellen. Sein Anspruch sei im Übrigen nicht verjährt, weil von einem Organisationsverschulden des Beklagten und demgemäß von einer dreißigjährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. Ein Schadensersatzanspruch scheide auch nicht deshalb aus, weil er - der Kläger - erste Risse bereits im Jahre 1978 entdeckt habe. Hierzu behauptet der Kläger, seine Ehefrau habe dem Beklagten diese Risse mit Schreiben vom 15.10.1978 (Bl. 115 GA) mitgeteilt. Daraufhin habe der Beklagte sic...

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