Leitsatz (amtlich)

Die durch die Erhebung der Stufenklage eingetretene Hemmung der Verjährung endet, wenn nach der Vorlage des aufgrund einer Verurteilung zur Wertermittlung eingeholten Sachverständigengutachtens innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist gegenüber dem Schuldner weder Schritte zur weiteren Durchsetzung vorbereitender Ansprüche - etwa auf Vorlage von Unterlagen - eingeleitet werden noch der Leistungsanspruch beziffert wird. Ein mit dem Sachverständigen geführter Rechtsstreit über seine Vergütung stellt keinen triftigen Grund dar, das Verfahren gegen den Schuldner nicht weiter zu betreiben.

 

Normenkette

BGB §§ 204, 2314; ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 8 O 332/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.10.2014 verkündete Schlussurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg zum Az. 8 O 332/06 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

Zutreffend hat das Landgericht eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch die Rechtshängigkeit der Erweiterung der auf Wertermittlung gerichteten Klage um einen unbezifferten Zahlungsantrag angenommen. Gemäß § 167 ZPO wirkt die Hemmung auf die Einreichung der Klageerweiterung bei Gericht zurück. Bei der Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO erfasst die Hemmung der Verjährung auch den geltend gemachten unbezifferten Leistungsantrag (BGH NJW 2012, 2180 Rn. 11). Die ursprünglich lediglich auf Vorlage eines Bestandsverzeichnisses und Versicherung an Eides statt gerichtete Klage war nicht geeignet, hinsichtlich eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerin eine Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu begründen, denn zwar tritt die Hemmungswirkung bei der Stufenklage auch bereits für die Leistungsstufe mit Anhängigkeit der Stufenklage ein, dazu muss aber der - unbezifferte - Leistungsanspruch mit den vorbereitenden Ansprüchen zusammengefasst werden. Allein die Klage auf Auskunft hemmt die Verjährung des Leistungsanspruchs nicht (vgl. MüKoBGB/Grothe BGB, 7. Auflage, 2015, § 204 Rn. 4, 11 m.w.N.; BGH NJW 2012, 2180 Rn. 16).

Die Hemmung hat gemäß § 204 Abs. 2 S. 2 BGB dadurch geendet, dass die Klägerin das Verfahren nicht betrieben hat. Allerdings tritt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die vorbereitenden Ansprüche während der Vollstreckung dieser Ansprüche - also der weiteren gerichtlichen Durchsetzung - ein Stillstand des Verfahrens im Sinne des § 204 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ein (vgl. BGH NJW 2012, 2180 Rn. 26; BGH NJW-RR 2006, 948 Rn. 14; BGH NJW 1992, 2563, 2564). Nach dem Senatsurteil vom 05.12.2008 hat die Klägerin die Zwangsvollstreckung ... betrieben. (...) Nach Erhalt des Ergänzungsgutachtens hätte die Klägerin (aber) innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist Schritte zur Durchsetzung des Leistungsanspruchs einleiten können und müssen. Ob die Frist zur Prüfung mit der 6-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 ZPO zusammenfällt (vgl. Krug-Horn/Fleischer, Pflichtteilsprozess, § 17 Rn. 91; Erman-Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Auflage, § 205 Rn. 53) oder sich wie im angefochtenen Urteil ausgeführt noch daran anschließt, kann vorliegend angesichts des Zeitablaufs dahinstehen.

Als Weiterbetreiben der Stufenklage in Betracht kam zum Einen die ... Bezifferung des Leistungsantrags aufgrund einer Plausibilitätsuntersuchung durch die von der Klägerin eingeschalteten Gutachter. Sollte die Plausibilitätsprüfung, wie die Klägerin behauptet, erst Anfang 2013 aufgrund nach dem Verkauf des Unternehmens veröffentlichter Zahlen möglich geworden sein, hätte die Klägerin ihren Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen durch einen weiteren Antrag gemäß § 888 ZPO oder durch die Erweiterung der Klage um einen Antrag, den Beklagten zur Vorlage der Unterlagen zu verurteilen, verfolgen können. Nicht ausreichend für ein Betreiben des Verfahrens war es jedenfalls, dass die Klägerin in einem anderen Rechtsstreit mit dem Gutachter vor dem Landgericht Essen über dessen Honorar gestritten hat - auch wenn sie dort eingewandt hat, es fehlten Unterlagen, und der Beklagte dies wusste - und mit dem Gutachter u.a. mit Schreiben vom 12.10.2011 über die Vorlage von Unterlagen verhandelt hat.

Es lag auch kein "triftiger Grund" vor, das Verfahren über die Stufenklage nicht weiter zu betreiben. Dies ist im Interesse der Rechtssicherheit nur bei für den anderen Teil nach außen erkennbar werdenden Umständen des Verfahrensstillstandes im Verantwortungsbereich der Parteien der Fall, aus denen der erforderliche "triftige Grund" hervorgehen muss (BGH NJW 1999, 3774, 3775 m.w.N.). Das bloße Zuwarten auf den Ausgang des Vergütungsprozesses der C gegen die Klägerin über 2 Jahre und 2 Monate nach Vorliegen des E...

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