Leitsatz (amtlich)

1. Bloße Verzögerungen der Arbeiten insgesamt oder die Einstellung nur einzelner Teilleistungen sind nicht als Unterbrechung der Ausführung i.S.v. § 6 Nr. 7 VOB/B zu bewerten. Entscheidend für eine Unterbrechung ist, dass nicht mehr das geschehen kann, was unter Zugrundelegung der vertraglich auferlegten Leistungspflichten zur unmittelbaren Leistungserstellung- und damit zum Leistungsfortschritt gehört.

2. Selbst wenn die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 6 Nr. 7 VOB/B nicht vorliegen, kann der Auftragnehmer die Kündigung später auf einen anderen Kündigungsgrund stützen. Dieses gilt insbesondere dann, wenn zuvor das Vertragsverhältnis auch durch vertragswidriges Verhalten des Auftraggebers belastet war.

 

Normenkette

VOB/B § 6 Nr. 7, § 9 Nr. 1 lit. b)

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 23.01.2007; Aktenzeichen 5 O 260/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.1.2007 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Wuppertal unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 69.392,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.5.2002 zu zahlen.

Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden der Klägerin zu 5 % und dem Beklagten zu 95 % auferlegt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit

i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten nach der Kündigung des von den Parteien geschlossenen Generalunternehmervertrags restlichen Werklohn. Der Beklagte verlangt seinerseits im Wege der Widerklage die Rückzahlung bereits geleisteter Vergütungsbeträge. Die Parteien schlossen am 3.7.2001 einen Generalunternehmervertrag über die gebrauchs- und schlüsselfertige Errichtung des Büro- und Geschäftsgebäudes ... straße ... in W. Nachdem die Klägerin mit den erforderlichen Abbruch- und Erdarbeiten begonnen hatte, offenbarten sich Probleme mit der nach den Plänen des Beklagten vorgesehenen Gründung des Gebäudes. Unter dem 29.8.2001 forderte der Beklagte die Klägerin auf, bis zur Klärung der Lage, die Arbeiten einzustellen. Die Klägerin erstellte für den Beklagten mit Schreiben vom 27.9.2001 ein statisches Nachtragsangebot, worauf ihr am 2.10.2001 der entsprechende Nachtrag erteilt wurde. Unter dem 14.11.2001 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihre noch offenstehenden Rechnungen bis zum 21.11.2001 zu begleichen. Der Beklagte leistete keine Zahlungen.

Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 7.12.2001 das Vertragsverhältnis unter Berufung auf die ihrer Auffassung nach mehr als drei Monate bestehende Unterbrechung der Arbeiten und forderte den Beklagten erneut auf, noch ausstehende Zahlungen nachzuholen. Der Beklagte wies mit anwaltlichem Schreiben vom 13.12.2001 die Kündigung zurück und bot an, in einem Gespräch, die Angelegenheit einvernehmlich zu klären. Unter dem 20.12.2001 verteidigte die Klägerin ihre Kündigung und setzte dem Beklagten mit Schreiben vom 20.12.2001 eine Frist bis zum 15.1.2002 zur Zahlung der bereits zu früheren Zeitpunkten in Rechnung gestellten und vom Beklagten nicht gezahlten Beträge. Als keine Zahlungen erfolgten, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 23.1.2002 das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund. Der Beklagte kündigte seinerseits mit Schreiben vom 25.1.2002 das Vertragsverhältnis fristlos. Die Klägerin übersandte dem Beklagten ihre Schlussrechnung vom 1.3.2002. Der Beklagte hat schließlich ein eingeschossiges Objekt durch einen anderen Generalunternehmer erstellen lassen. Zur Prozessgeschichte und zum weiteren Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch das am 23.1.2007 verkündete Urteil hat die 5. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Wuppertal den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 69.392,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 12 % seit dem 12.5.2002 zu zahlen. Im Übrigen hat das LG die Klage und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 9 Nr. 2 VOB/B 2000. zu. Es könne dahinstehen, ob die Kündigung nach § 6 Nr. 7 VOB/B wegen einer länger als drei Monate andauernden Unterbrechung wirksam sei, jedenfalls habe die Klägerin den Vertrag wegen des Zahlungsrückstands des Beklagten wirksam gekündigt. Dieser habe auf die unter dem 23.8.2001, dem 11.9.2001, 2.11.2001 und dem 23.11.2001 abgerechneten fälligen Beträge keine Zahlungen geleistet.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ebenso form- und fr...

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