Leitsatz (amtlich)

Ist in einem Teilungsabkommen mit der Bau-Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung die Haftung des Haftpflichtversicherers eines Gerüstbauunternehmens für die durch unsachgemäße Aufstellung eines Gerüsts verursachte Körperverletzung eines gesetzlich unfallversicherten Dachdeckers auf 2/3 der normalerweise zu tragenden Hälfte des Schadens beschränkt, sofern an der Entstehung des Schadensereignisses neben dem Haftpflichtigen „eine Person beteiligt ist, deren Haftung im Verhältnis zum Verletzten nach §§ 636, 637 RVO ausgeschlossen sein könnte”, so greift diese Beschränkung ein, wenn der Arbeitgeber des unfallversicherten Dachdeckers es entgegen seiner Pflicht aus § 618 BGB versäumt hat, vor Inbetriebnahme der Baustelle den ordnungsgemäßen Zustand des Gerüsts zu überprüfen, und die Haftung des Arbeitgebers für den Arbeitsunfall seines Dachdeckers nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII ausgeschlossen ist.

 

Normenkette

RVO § 636 ff.; SGB VII §§ 2, 8, 104 ff.; SGB X § 116; BGB § 618

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 162/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Düsseldorf teilweise abgeändert.

Unter Abweisung der weiter gehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.744,60 Euro (7.323,80 DM) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungs-Gesetzes vom 11.6.2001 bis zum 31.12.2001 und Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 1.1.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer der Firma C.Sch.-GmbH & Co.

Die Parteien sind durch ein sog. Teilungsabkommen verbunden. Nach dessen § 1 beteiligt sich die Beklagte, wenn von der Klägerin nach §§ 116 ff. SGB X Ersatzansprüche gegen natürliche oder juristische Personen erhoben werden, die bei der Beklagten gegen die Gefahren der gesetzlichen Haftpflicht versichert sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abkommens an den Aufwendungen der Klägerin. Nach § 3 des Teilungsabkommens erstattet die Beklagte der Klägerin 50 % der Leistungen. § 5 Abs. 3 des Abkommens bestimmt:

„Ist an der Entstehung eines Schadenereignisses neben dem Haftpflichtigen der V. ein mit dem Verletzten in häuslicher Gemeinschaft lebender Familienangehöriger oder eine Person beteiligt, deren Haftung im Verhältnis zum Verletzten nach §§ 636, 637 RVO ausgeschlossen sein könnte, ersetzt die V. 2/3 des nach § 3 des Abkommens berechneten Erstattungsbetrags.”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Teilungsabkommens wird auf die zu den Akten gereichte Kopie der Vereinbarung Bezug genommen (Bl. 36 ff.).

Am 27.9.1998 stürzte der Dachdeckergeselle P.L., ein Mitarbeiter der Firma H.-GmbH aus S., von der vierten Lage eines von dem Versicherungsnehmer der Beklagten errichteten Gerüsts 4 m tief auf im Eck verlegte Gerüstbohlen. Er zog sich durch den Unfall erhebliche Verletzungen zu.

Das im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens eingeschaltete Staatliche Amt für Arbeitsschutz in W. kam zu dem Ergebnis, das Baugerüst sei in Teilbereichen nicht ordnungsgemäß ausgeführt gewesen, so im Bereich der Abstürzstelle, wo eine Spalte von 50 cm zwischen dem Gerüst und dem Balkon bestanden habe (Ermittlungsakte Bl. 38).

Aus Anlass des Unfalls sind der Klägerin im Zeitraum vom 27.8.1998 bis zum 31.7.2000 Aufwendungen i.H.v. 21. 971,40 DM entstanden (GA Bl. 4). Davon begehrt die Klägerin unter Berufung auf § 3 des Teilungsabkommens 50 %, das sind 10.985,70 DM, von der Beklagten als Ersatz.

Die Parteien haben in der ersten Instanz darüber gestritten, ob die Anwendung des Teilungsabkommens nach § 5 Abs. 2 der Vereinbarung ausgeschlossen ist, weil es sich bei dem Geschädigten um eine Person handelt, der ggü. die Haftung nach §§ 104 ff. SGB VII ausgeschlossen ist.

Die Klägerin hat behauptet, die Versicherungsnehmerin der Beklagten habe das Baugerüst nicht ordnungsgemäß errichtet.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 10.985,70 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das zwischen den Parteien abgeschlossene Teilungsabkommen finde auf den Fall Anwendung. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schadenereignis und dem versicherten Risiko. Da, wie in § 1 des Teilungsabkommens geschehen, ausdrücklich auf die Prüfung der Haftungsfrage verzichtet worden sei, reiche für den geforderten Ursachenzusammenhang generell ein innerer Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem ...

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