Entscheidungsstichwort (Thema)

Anbringung und Duldung eines Hinweisschildes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist allgemein anerkannt, dass z.B. der Vermieter verpflichtet ist, nach Beendigung des Mietverhältnisses bei Gewerbetreibenden oder freien Berufen ein Hinweisschild auf die neuen Geschäfts- oder Praxisräume für angemessene Zeit zu dulden.

2. Das gilt wegen der personalistischen Struktur erst recht, wenn eine im maßgeblichen Außenverhältnis als GbR ausgeübte Anwaltssozietät aufgelöst wird. Dann besteht für den verbleibenden Anwalt die selbstverständliche Nebenverpflichtung, anstelle des auf die frühere gemeinsame Anwaltspraxis hinweisenden Altschildes ein Hinweisschild auf den Ort der neuen Praxis der ausscheidenden Anwälte zu dulden.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 4 O 28/88)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 12. Februar 1988 wird auf Kosten der Verfügungsbeklagten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagte) hat keinen Erfolg.

A.

Das Landgericht, hat mit zutreffender Begründung dem Antrag der Verfügungskläger (im folgenden: Kläger) in dem erkannten Umfang stattgegeben. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung:

I.

Die einstweilige Verfügung ist zur Abwendung einer Gefährdung der rechtlich geschützten Interessen der Kläger notwendig (Verfügungsgrund). Wenn das beantragte Hinweisschild nicht angebracht wird und lediglich das Neuschild des Beklagten zu 1 vorhanden ist, besteht die Gefahr, daß den Klägern Alt- und/oder Neukunden und damit entsprechende Umsätze dadurch verlorengehen, daß diese (potentiellen) Kunden den Beklagten zu 1 oder einen anderen Anwalt beauftragen. Diese Gefahr des Mandanten- und Umsatzverlustes wird zwar durch die von den Klägern getroffenen anderweitigen Vorsorgemaßnahmen (u.a. Schreiben an die Altkunden, Zeitungsannoncen, Schild an der Neupraxis) gemindert, jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Denn erfahrungsgemäß werden Annoncen in Tageszeitungen in der Regel nur bei einem entsprechenden Interesse gelesen. Es besteht deshalb die ernsthafte Gefahr, daß insbesondere Neukunden, die die neue Anschrift der Kläger nicht kennen jedoch bei gegebenem Anlaß, z.B. aufgrund positiver Berichte von Altkunden, die Kläger mandatiert hätten, den Klägern ohne das Hinweisschild verlustig gehen würden.

Der Verfügungsgrund besteht auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2. Denn die Beklagte zu 2 ist zur Duldung des Hinweisschildes nur dann bereit, wenn sie vom Beklagten zu 1 zur Duldung aufgefordert wird. Das ist bisher nicht geschehen.

II.

1. Die Kläger haben gegen den Beklagten zu 1 auch einen Anspruch auf Gestattung der Anbringung und Duldung des Hinweisschildes.

a) Es ist seit langem, weil selbstverständlich, üblich und anerkannt, daß z.B. der Vermieter verpflichtet ist (§ 242 BGB), nach Beendigung des Mietverhältnisses bei Gewerbetreibenden oder freien Berufen ein Hinweisschild auf die neuen Geschäfts- oder Praxisräume für angemessene Zeit zu dulden (u.a. RGZ 161, 338; Palandt, BGB, 45. Aufl., § 556 Anm. 1 b). Das gilt wegen der personalistischen Struktur erst recht, wenn – wie hier – eine im maßgeblichen Außenverhältnis als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeübte Anwaltssozietät aufgelöst wird. Dann besteht für den verbleibenden Anwalt (Beklagter zu 1) die selbstverständliche Nebenverpflichtung (§ 242 BGB), anstelle des auf die frühere gemeinsame, Anwaltspraxis hinweisenden – vom Beklagten zu 1 entfernten – Altschildes ein Hinweisschild auf den Ort der neuen Praxis der ausscheidenden Anwälte (Kläger) zu dulden. Insoweit kommt es auf die rechtliche Ausgestaltung des Innenverhältnisses nicht an. Denn das Hinweisschild betrifft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht das Innen-, sondern das Außenverhältnis.

b) (Schwerwiegende) Vertragsverstöße der Kläger, die der Duldungspflicht des Beklagten zu 1 möglicherweise entgegenstehen könnten, liegen nach den zutreffenden und konkret nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts nicht vor.

2. Derselbe Anspruch wie gegen den Beklagten zu 1 steht den Klägern auch gegen die Beklagte zu 2 zu. Insoweit kann dahinstehen, ob zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2 ein Mietvertrag bestand/besteht. Jedenfalls stellt gemäß den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts der zwischen dem Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 geschlossene Mietvertrag vom 23.4.1978 ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Kläger dar (vgl. Palandt, § 328 Anm. 3; 4 i bb). Denn in dem Mietvertrag (Nr. 1) heißt es ausdrücklich, daß der Beklagte zu 1 in den beiden Häusern „mit seinen Mitarbeitern” (= Kläger) eine „Anwaltspraxis” betreibt und die Mieträume „zur Ausübung der Anwaltspraxis vermietet” werden. Hinzu kommt, daß die Mietzinszahlungen an die Beklagte zu 2 nach dem unwidersprochenen (§ 138 ZPO) und belegten (GA 84, 85) Vorbringen der Kläger (u.a. Schriftsatz vom 1.2.1988, S. 7 f. = GA 72 f.) von...

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