Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 14.02.2012; Aktenzeichen 88 O (Kart) 17/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.10.2015; Aktenzeichen KZR 17/14)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.2.2012 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LG Köln (Az.: 88 O (Kart) 17/11) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die Vertriebsgesellschaft der Bauer Media Group, die zu den fünf größten deutschen Verlagshäusern gehört. Die Bauer Media Group ist in Deutschland Marktführer im Bereich der Programm- und Frauenzeitschriften. Ihr Marktanteil im gesamten Pressemarkt beträgt 15 %. Ein hundertprozentiges Konzernunternehmen der Bauer Media Group ist die Pressevertrieb Nord KG (PVN), die in Hamburg und seit 2008 auch in den Vertriebsgebieten Elmshorn (Schleswig-Holstein) und Stade (Niedersachsen) als Presse-Grossist tätig ist.

Der Beklagte ist die bundesweite Vereinigung von Presse-Grossisten. Ihm gehören 55 verlagsunabhängige Presse-Grossisten an.

In Deutschland werden nahezu alle Zeitungen und Zeitschriften, die über den stationären Einzelhandel mit Ausnahme der Bahnhofsbuchhandlungen verkauft werden, auf der Großhandelsebene von 55 verlagsunabhängigen und 15 Grossisten mit unterschiedlichen Verlagsbeteiligungen vertrieben. Grundsätzlich versorgt jeweils nur ein einziger Grossist ein bestimmtes Gebiet mit Publikationen sämtlicher Verlage (sog. Alleingebietsgrosso). Lediglich in vier Gebieten, zu denen auch Hamburg und Berlin gehören, besteht ein sog. Doppel-Grosso mit Objekttrennung, bei dem zwei Grossisten jeweils die Produkte bestimmter Verlage ausschließlich vertreiben.

Die Grossisten kaufen die Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen bzw. ihren Vertriebsgesellschaften und Nationalvertrieben und verkaufen sie in ihrem Gebiet zu gebundenen Preisen an die Einzelhändler. Nicht verkaufte Exemplare werden von den Verlagen rückvergütet (Remissionsrecht). Die Vergütung der Grossisten richtet sich nach den Handelsspannen, die zwischen ihnen und den Verlagen jeweils für mehrere Jahre vereinbart werden. Für die verlagsunabhängigen Grossisten werden diese Verhandlungen von dem Beklagten geführt. Das mit einem Verlag gefundene Verhandlungsergebnis wird von den anderen Verlagen übernommen, so dass die Verlage mit allen Mitgliedern des Beklagten einheitliche Preise- und Konditionen vereinbaren.

Die Klägerin ist mit dieser Vorgehensweise nicht mehr einverstanden. Als die im Jahr 2003 über das zentrale Verhandlungsmandat des Beklagten geschlossene Handelsspannenvereinbarung Ende Februar 2009 auslief, versuchte die Klägerin, die Vertragskonditionen individuell mit den einzelnen Grossisten auszuhandeln. Hierzu waren die Grossisten jedoch nicht bereit.

Ab März 2012 gilt für alle Verlage mit Ausnahme der Klägerin eine neue Zeitschriften-Konditionenvereinbarung mit einer geänderten Jahresumsatzbonustabelle.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, für Presse-Grossisten in Deutschland einheitliche Grosso-Konditionen (insbesondere Handelsspannen und Laufzeiten) mit bzw. gegenüber den Verlagen/Vertriebsgesellschaften/Nationalvertrieben zu verhandeln und/oder zu vereinbaren und/oder Presse-Grossisten aufzufordern, individuelle Verhandlungen mit der Klägerin über Grosso-Konditionen zu verweigern.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat der Klage gestützt auf Art. 101 AEUV i.V.m. § 33 Abs. 1 GWB stattgegeben.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Soweit das LG über den geltend gemachten Anspruch aus § 21 Abs. 3 GWB nicht entschieden hat, hat die Klägerin Eventualanschlussberufung eingelegt.

II.

Berufung des Beklagten

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Das LG hat der auf Unterlassung gerichteten Klage zur Recht stattgegeben.

Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Beklagten haben keinen Erfolg.

Die Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. Art. 101 AEUV zu.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Nach § 33 Abs. 1 GWB ist derjenige, der gegen Art. 101 AEUV verstößt, dem Betroffenen bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein Beeinträchtigung in seinen wirtschaftlichen Interessen. Hierbei ist ein weites Verständnis zugrun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge