Leitsatz (amtlich)

1. In dem mietvertraglichen Anspruch auf Rückzahlung von Nebenkostenvorauszahlungen ist der Bereicherungsanspruch auf Erstattung überzahlter Nebenkosten auch nicht als Minus enthalten. Vielmehr handelt es sich dabei um unterschiedliche Streitgegenstände, die unterschiedliche Grundlagen haben und anderen Voraussetzungen unterliegen. Das schließt jedoch nicht aus, dass der klagende Mieter beide Ansprüche miteinander verbindet, indem er in erster Linie die Formwirksamkeit der Nebenkostenabrechnung bestreitet und für den Fall, dass das Gericht seiner Auffassung nicht folgt, hilfsweise die Überzahlung der berechtigten Nebenkosten geltend macht. In dem Fall handelt es sich bei dem verfolgten Anspruch auf Erstattung der Überzahlung allerdings nicht um ein bloßes Hilfsvorbringen, sondern um einen eventualiter gestellten Antrag.

2. Macht der Mieter (hilfsweise) den Bereicherungsanspruch auf Erstattung überzahlter Nebenkosten geltend, muss er (nach Belegeinsicht) zu jeder Kostenart die dem Vermieter entstandenen Aufwendungen und den zutreffenden Umlageschlüssel angeben.

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 21.07.2016; Aktenzeichen 11 O 24/16)

 

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils der 11. Zivilkammer des LG Duisburg vom 21.07.2016 und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen werden die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 5.292,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten und zweiten Instanz werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichter - vom 21.07.2016 ist zulässig und teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten aufgrund einer anwaltlichen Pflichtverletzung gemäß §§ 611, 675, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung von 5.292,29 EUR zu; im Übrigen unterliegt die Berufung der Zurückweisung.

1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten gegenüber der Klägerin bei der Vertretung im Vorprozess vor dem AG Duisburg Ruhrort Az. 9 C 768/08 (nachfolgend zitiert als BA1) verletzt.

Der Rechtsanwalt hat den Mandanten in seiner Rechtssache grundsätzlich umfassend und möglichst erschöpfend rechtlich zu beraten. Insbesondere sind Zweifel und Bedenken, zu denen die Sach- oder Rechtslage Anlass gibt, sowie mögliche mit der Einleitung eines Rechtsstreits verbundene Risiken und deren abschätzbares Ausmaß darzulegen und mit dem Mandanten zu erörtern; nur in Kenntnis solcher Umstände kann dieser über sein weiteres Vorgehen sachgerecht entscheiden (BGH, Urteil vom 08.11.2011 - IX ZR 64/01, juris Rdnr. 13; Vill in Zugehör/Fischer/Vill/Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 624). Erscheint eine beabsichtigte Rechtsverfolgung wenig aussichtsreich, so muss der rechtliche Berater hierauf sowie auf die damit verbundenen Gefahren hinweisen (BGH, Urteil vom 29.04.2003 - IX ZR 54/02, juris Rdnr. 11; Urteil vom 20.10.1994 - IX ZR 116/93, WM 1995, 398, 399 f.; Urteil vom 27.11.1997 - IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901). Diesen Anforderungen sind die Beklagten bei der anwaltlichen Vertretung der Klägerin im Vorprozess nicht gerecht geworden.

a) Die Klägerin begehrte im Vorprozess gegen ihre ehemaligen Vermieter die Rückzahlung sämtlicher Vorschüsse auf die Nebenkosten bzw. der überschüssigen Nebenkostenvorauszahlungen.

Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung sämtlicher geleisteter Vorauszahlungen für den Zeitraum 2005 bis 2010 war jedoch nicht begründet, da die Voraussetzungen, d.h. die Beendigung des Mietverhältnisses und eine fehlende bzw. formell unwirksame Abrechnung, erkennbar nicht erfüllt waren. Für den streitigen Zeitraum wurde unstreitig jeweils eine Nebenkostenabrechnung erstellt, die auch über eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, der Angabe und - soweit erforderlich - Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, der Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug dessen Vorauszahlungen entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung des BGH verfügte (Vgl. BGH, Urteil vom 11.08.2010 - VIII ZR 45/10, juris Rdnr. 10 m.w.N.).

In dem vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung von Nebenkostenvorauszahlungen ist der Bereicherungsanspruch auf Erstattung überzahlter Nebenkosten auch nicht als Minus enthalten. Vielmehr handelt es sich dabei um unterschiedliche Streitgegenstände, die unterschiedliche Grundlagen haben und anderen Voraussetzungen unterliegen. Während der Anspruch auf Rückzahlung sämtlicher Vorauszahlungen erfordert, dass keine (formell wirksame) Betriebskostenabrechnung vorliegt, setzt der Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens gerade eine Abrechnung voraus (Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2011 - I-10 W 16/11, juris; BGH, Urteil vom 20.01.2016 - VIII ZR 93/15, juris; Beschluss vom 15.03.2011 - VIII ZR 243/10, juris).

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