Leitsatz (amtlich)

Es entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses, für alle Erben hinterlegtes Geld dauerhaft in öffentlich-rechtlicher Verwahrung durch die Hinterlegungsstelle zu belassen.

 

Normenkette

BGB §§ 2038-2039

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 2 O 348/19)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28.08.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden der Beklagten auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Schwestern und Miterbinnen zu je 1/2 am Nachlass ihrer am 27.10.2015 verstorbenen Mutter V.H.

Die Beklagte wurde durch Urteil des Landgerichts G vom 23.08.2018 - (Az.) - verurteilt, an die Erbengemeinschaft 50.000,- EUR nebst Zinsen herauszugeben. Ihre weitergehende Klage auf Zahlung des Betrages auf das Konto der Erbengemeinschaft bei der Stadtsparkasse I (IBAN: ...) wurde abgewiesen. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung wurde ein Betrag von 57.556,99 EUR von der Gerichtsvollzieherin zugunsten der Parteien beim Amtsgericht T hinterlegt. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Einwilligung in die Auszahlung dieses Betrages auf das Konto der Erbengemeinschaft bei der Stadtsparkasse I (IBAN: ...) in Anspruch.

Sie hat die Auffassung vertreten, es handele sich um eine notwendige Vorstufe zur Einleitung der Erbauseinandersetzung und Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass keine Veranlassung bestehe, das Geld auf ein Konto der Erbengemeinschaft zu transferieren, zumal die Klägerin bisher keine Vorschläge zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gemacht habe. Im Vorprozess sei vom Landgericht G entschieden worden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung auf ein bestimmtes Konto habe.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Einwilligung in die Auszahlung auf das von der Klägerin genannte Konto bei der Stadtsparkasse I verurteilt und den darüber hinaus von der Klägerin geltend gemachten Zinsanspruch abgewiesen. Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, dass die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts G vom 23.08.2018 der Klage nicht entgegenstehe, weil Gegenstand des Vorprozesses die Herausgabe von 50.000,- EUR Bargeld gewesen sei. Durch die Hinterlegung habe sich der Herausgabeanspruch in einen Auszahlungsanspruch umgewandelt, über den noch nicht gerichtlich entschieden worden sei. Die Erbengemeinschaft könne von der Beklagten gemäß §§ 2038 BGB i.V.m. 745 Abs. 2 BGB die Einwilligung in die Auszahlung verlangen, weil dies eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme darstelle. Mit dem Betrag seien die beiden Darlehen bei der Stadtsparkasse I, die auf die Erbengemeinschaft übergegangen seien, zu tilgen. Die Auswahl des Kontos stehe zwar im pflichtgemäßen Ermessen der Erbengemeinschaft und sei grundsätzlich von beiden Parteien gemeinschaftlich zu treffen. Die Beklagte wende sich aber gegen jegliche Auszahlung des Betrags auf ein Konto der Erbeneigenschaft und nicht speziell gegen die Auszahlung auf das von der Klägerin ausgewählte Konto.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin eine Abweisung der Klage erstrebt. Sie wiederholt ihre Rechtsauffassung, dass der Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts G vom 23.08.2018 entgegenstehe. Bei dem hier im Streit stehenden Betrag handele es sich um denjenigen Betrag, der bereits beim Landgericht G Streitgegenstand gewesen sei. Dies gelte auch für das Konto, auf das die Klägerin das Geld gezahlt haben wolle. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung auf ein bestimmtes Konto, ohne dass die Erbengemeinschaft vorher einen dahingehenden Beschluss gefasst hätte. Die Zahlung auf das von der Klägerin genannte Konto sei nicht die einzig denkbare Lösung. Die Geltendmachung der Auszahlung des Betrages stelle auch keine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme dar, weil die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen habe, dass mit dem Geld die Darlehen bei der Stadtsparkasse I sofort getilgt werden könnten oder müssten. Beide Darlehen hätten eine Zinsbindungsfrist bis zum 30.08.2022. Insoweit wäre auch nur eine unmittelbare Zahlung auf die Darlehenskonten als ordnungsgemäße Verwaltung anzusehen. Zudem verhindere die Klägerin die Auseinandersetzung des Nachlasses. Die Erbengemeinschaft habe bisher keinen Beschluss über die Auseinandersetzung oder die Art der Berichtigung der Verbindlichkeiten gefasst. Die Verpflichtung aus den Darlehensverträgen sei längst auf die Eigentümergemeinschaft umg...

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