Verfahrensgang

LG Duisburg (Entscheidung vom 03.11.2006)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 03. November 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 4.333,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.099,34 EUR vom 02.08.2005 bis 03.08.2005 und aus 4.333,45 EUR seit dem 04.08.2005 zu zahlen.

In Höhe eines Betrages von 229,93 EUR ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 57 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 46 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 54 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend auch in der Sache Erfolg.

Zwar ist der aus dem Verkehrsunfall vom 26.12.2004 resultierende Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber den Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 11 StVG, 3 Nr. 1 und 2 PflVG dem Grunde nach auf 75 % beschränkt, da den Kläger selbst ein Mithaftungsanteil von 25 % belastet. Allerdings bemisst sich der von ihm mit der Klage geltend gemachte Schaden weit höher als von dem Landgericht angenommen.

1.

Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die vom Landgericht vorgenommene Haftungsverteilung, wonach der Kläger 25 % des ihm entstandenen Schadens selbst zu tragen hat. Es ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Verantwortungsbeitrag des Klägers für den Unfall nach § 17 Abs. 1 StVG mit 1/4 bewertet hat.

Die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG aus Sicht des Klägers scheidet schon deshalb aus, weil auch der Kläger im vorliegenden Fall unfallursächlich gegen Verkehrsvorschriften verstoßen hat.

Insoweit gilt Folgendes:

a)

Unzutreffend ist die Auffassung des Landgerichts, der Kläger habe vorliegend bei unklarer Verkehrslage überholt und damit gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO verstoßen. Ein Überholmanöver des Klägers lässt sich weder dem Vorbringen der Parteien, noch den Angaben der Zeugen oder dem sonstigen Akteninhalt entnehmen. Der vom Kläger bei Ansicht des auf dem Standstreifen befindlichen Pkw des Beklagten zu 1. vorgenommene Fahrstreifenwechsel stellt kein "Überholen" i.S.d. § 5 StVO dar. Hierunter ist vielmehr ein Vorbeifahren an einem Verkehrsteilnehmer zu verstehen, der sich in derselben Richtung auf derselben Fahrbahn bewegt (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. A., § 5 StVO Rn. 16 m.w.N.).

b)

Die Mithaftung des Klägers rechtfertigt sich aber vor dem Hintergrund, dass sich die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges durch einen unfallursächlichen Geschwindigkeitsverstoß des Klägers wesentlich erhöht hat.

Namentlich hat der Kläger vorliegend das Sichtfahrgebot nach § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO verletzt, indem er bei Annäherung an die Unfallstelle nach eigenen Angaben eine Geschwindigkeit von ca. 120 km/h fuhr, obwohl die Sicht infolge der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Dunkelheit erheblich eingeschränkt war. Hinzu tritt auch noch der Umstand, dass die Fahrbahnoberfläche ausweislich des polizeilichen Unfallprotokolls zum Unfallzeitpunkt nass war, wodurch sich der Bremsweg deutlich verlängerte.

Auch auf Autobahnen gilt die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO, wonach nur so schnell gefahren werden darf, dass der Fahrzeugführer innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Sichtweite anhalten kann (BGH, NJW 1987, 1075; st. Rspr.). Soweit § 18 Abs. 6 StVO hierfür Einschränkungen für den Fall enthält, dass beim Fahren mit Abblendlicht ein ausreichender Sicherheitsabstand zu einem mit klar erkennbaren Schlussleuchten vorausfahrenden Kraftfahrzeug eingehalten wird, oder der Verlauf der Fahrbahn und zusammen mit fremden Lichtquellen Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind, liegen die Voraussetzungen dieser Einschränkung hier ersichtlich nicht vor. Somit hätte der Kläger eine Höchstgeschwindigkeit einhalten müssen, die es ihm ermöglicht hätte, auch vor einem verhältnismäßig spät erkennbaren Hindernis noch rechtzeitig anzuhalten.

Diesen Anforderungen wird die vom Kläger gefahrene Annäherungsgeschwindigkeit von 120 km/h nicht gerecht. Ausgehend von einer auf nasser Fahrbahn von einem Pkw erreichbaren mittleren Bremsverzögerung von 4,5 m/sec² bedingt eine Ausgangsgeschwindigkeit von 120 km/h bereits einen reinen Bremsweg von ca. 123 Metern. Unter Hinzurechnung eines Reaktionsweges von ca. 27 Metern (bei einer angenommenen Reaktionszeit von 0,8 Sekunden) ergibt sich damit in der Summe ein Anhalteweg von rund 150 Metern. Die von dem Kläger nach eigenen Angaben erst 100 Meter vor dem BMW eingeleitete Bremsung war damit von vorne herein nicht mehr geeignet, die Kollision mit dem stehenden BMW zu verhindern.

Diese Anhaltestrecke von 150 Metern war weitaus größer...

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