Leitsatz (amtlich)

Der Versicherungsnehmer, der Diebstahlsentschädigung für seinen Pkw begehrt, verletzt seine Aufklärungsobliegenheit schuldhaft und kann sich nicht mit Erfolg auf eine formal richtige Antwort berufen, wenn er in der Schadensanzeige auf die Frage nach früheren Beschädigungen des Fahrzeugs erklärt „Bei mir nicht, Vorbesitzer lt. Kaufvertrag”, und damit verschleiert, dass er den Wagen schon vor dem Erwerb von seiner Schwester bei einem anderen Versicherer versichert hatte, damit gefahren war und bei dem früheren Versicherer eine Beschädigung während seiner Nutzung des Wagens geltend gemacht hatte.

 

Normenkette

AKB § 7 I Nr. 2 S. 3; AKB § V Nr. 4; VVG § 6 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 10 O 261/91)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.1.2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Mönchengladbach wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 10.021,32 Euro (19.600 DM) aus §§ 12 Nr. 1 Ib), 13 AKB.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob das vom Kläger bei dem Beklagten versicherte Fahrzeug im Zeitraum vom 27.8.2000 bis zum 14.9.2000 gestohlen worden ist, weil es i.E. nicht darauf ankommt. Denn der Beklagte ist wegen einer dem Kläger anzulastenden Obliegenheitsverletzung nach § 7 Nr. I.2. S. 3, Nr. V.4. AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG von seiner Leistungspflicht frei geworden.

a) Nach § 7 Nr. I.2. S. 3 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Dazu hat er den Versicherer wahrheitsgemäß über alle Umstände zu unterrichten, die für die Deckungspflicht bedeutsam sind (BGH VersR 1963, 134; OLG Köln v. 21.9.1989 – 5 U 36/89, VersR 1990, 1225), und die in der Schadensanzeige gestellten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl. 1998, AKB, § 7 Rz. 13).

b) Diese Obliegenheit hat der Kläger objektiv verletzt, indem er in der Schadensanzeige vom 15.9.2000 die Frage nach früheren Beschädigungen des Fahrzeugs mit „bei mir nicht, Vorbesitzer lt. Kaufvertrag” beantwortete (GA 29) und in der Schadensanzeige vom 30.9.2000 auf die Frage nach früher reparierten Beschädigungen des Fahrzeugs angab „bei mir keine, als repariertes Unfallfahrzeug gekauft (lt. Kaufvertrag)” (GA 30).

Diese Angaben trafen, was dem Kläger bekannt war, so nicht zu: Der Kläger war bereits in der Zeit, als seine Schwester noch Halterin des später bei dem Beklagten versicherten Fahrzeugs war, Versicherungsnehmer einer bei der P. für diesen Wagen abgeschlossenen Versicherung (GA 77). Schon damals nutzte er den Pkw. Dies folgt aus seinen eigenen Angaben. In der an die P. gerichteten Unfallanzeige vom 22.3.1999 gab der Kläger an, er („ich”) habe den Wagen am Abend des 21.3.1999 auf dem A.F. in M. abgestellt und ihn, als er das Fahrzeug am nächsten Morgen wieder habe benutzen wollen, dort beschädigt aufgefunden (GA 33). Durch diesen Vorfall entstand an dem Fahrzeug ein Schaden i.H.v. 5.220,81 DM (GA 35).

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, die Fragen der Klägerin formal zutreffend beantwortet zu haben. Die Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers beschränkt sich nicht auf die Beantwrtung des Wortlauts der gestellten Frage. Da die Antwort gewährleisten soll, dem Versicherer eine sachgemäße Entscheidung über die Behandlung des Versicherungsfalls zu ermöglichen, genügt der Versicherungsnehmer mit der bloßen Beantwortung einer Formularfrage seiner Auskunftspflicht nicht, wenn der Sachverhalt – dem Versicherungsnehmer erkennbar – von den üblichen Umständen der Schadensfälle, so wie sie die Grundlage standardisierter Fragen sind, abweicht und Sinn und Zweck der Frage auch ungefragt weitere Angaben erfordern (vgl. BGH v. 21.4.1993 – IV ZR 34/92, MDR 1993, 957 = VersR 1993, 828 [829]; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl. 1998, § 7 AKB Rz. 13).

Eine solche Ausnahmesituation lag vor: Der Kläger war, bevor er den Wagen von seiner Schwester erworben haben will, Versicherungsnehmer einer für das Fahrzeug abgeschlossenen Versicherung; er nutzte das Fahrzeug schon zu dieser Zeit. Im Zusammenhang damit war ihm nicht nur der im Zeitraum seiner Nutzung entstandene Schaden vom 21./22.3.1999, sondern ein weiterer Unfall bekannt geworden, der sich am 20.7.1999 ereignet hatte und zu Reparaturkosten i.H.v. 16.406,27 DM führte (GA 89), die er als Versicherungsnehmer geltend gemacht hat. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen K. vom 27.7.1999 (GA 81).

In Anbetracht der ihm bekannten Vorgeschichte des Fahrzeugs durfte der Kläger unter Beachtung von Sinn und Zweck der ihm gestellten Fragen, die darauf gerichtet waren, dem Versicherer genaue Kenntnis der Bechädigungen des versicherten Wagens zu verschaffen, nicht unter – se...

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