Leitsatz (amtlich)

Nach dem Grundsatz des sichersten Weges hat der Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit um nachehelichen Unterhalt die in Betracht kommende Begrenzung des Anspruchs vorzutragen, auch wenn das Gericht dies ohnehin auf Grund des Klageabweisungsantrags des Rechtsanwalts zu erwägen hat.

Ein etwaiger Fehler des Gerichts des Vorprozesses entlastet den Rechtsanwalt nur, wenn dieser Fehler aus der gerichtlichen Entscheidung ersichtlich ist (Anschluss an BGHZ 174, 205).

 

Normenkette

BGB §§ 675, 611, 280, 1578

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 25.07.2007; Aktenzeichen 2 O 330/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 25.7.2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Krefeld teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 24.486,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2006 zu zahlen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Kläger zu 8 %, dem Beklagten zu 92 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Gegenseite leistet vorher Sicherheit in gleicher Höhe.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Schadensersatz wegen behaupteter unzureichender Beratung und Vertretung in dem Unterhaltsprozess 61 F 207/03 AG Krefeld in Anspruch. Dort wurde der Kläger von seiner geschiedenen Ehefrau (künftig: Ehefrau) auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommen.

Die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 18.3.2003 rechtskräftig geschieden. Seither hatte der Beklagte jegliche Unterhaltszahlungen eingestellt, was er bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 1.3.2003 angekündigt hatte. Die vor der Ehe, während der rund 13½-jährigen Ehezeit und nach der Ehescheidung ganztägig berufstätige Ehefrau machte (mangels anderer Anspruchsgrundlagen) Aufstockungsunterhalt geltend (§§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 BGB). Der Beklagte leugnete namens des Klägers unter Darlegung der ehelichen Lebens- und der beiderseitigen Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Ehescheidung jeglichen Unterhaltsbedarf der Ehefrau. Den vom AG vorgeschlagenen Vergleich über vom Kläger zu zahlenden Unterhalt i.H.v. 748 EUR/mtl von März 2003 bis Dezember 2004 und 808 EUR/mtl zeitlich unbegrenzt ab Mai 2005 ließ der Kläger durch den Beklagten ablehnen; er kam in einer Gegenrechnung auf einen restlichen Unterhaltsbedarf der Ehefrau i.H.v. allenfalls 200 EUR/mtl.

Das AG verurteilte den Kläger sodann unter Abweisung der weitergehenden Klage zu rückständigem monatlichen Unterhalt ab März 2003 und für die Zeit ab Januar 2006 zeitlich unbegrenzt zu Unterhaltzahlungen i.H.v. 626 EUR/mtl (505 EUR/mtl Elementar- und 124 EUR/mtl Altersvorsorgeunterhalt). Mit der dagegen eingelegten Berufung wollte der Kläger unter Teilabänderung des angefochtenen Urteils hauptsächlich mangels Unterhaltsbedarfs der Ehefrau die vollständige Abweisung der Klage, hilfsweise die zeitliche Begrenzung eines herabgesetzten Unterhaltsanspruchs erreichen. Das Berufungsverfahren endete mit einem vom 4. Senat für Familiensachen des OLG Düsseldorf (II-4 UF 31/06, künftig: Familiensenat) am 12.6.2006 vorgeschlagenen und am 22.6.2006 abgeschlossenen Vergleich, in welchem sich der Kläger verpflichtet hat, unter Übernahme der Kosten des Berufungsverfahrens (§ 97 Abs. 2 ZPO) den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Ehefrau mit 45.000 EUR abzufinden. Der Vergleich hat die folgende Grundlagen:

I. Richtigkeit der amtsgerichtlichen Unterhaltsberechnung auf der Grundlage der sicher feststellbaren beiderseitigen Einkünfte der Jahre 2003/4 und insoweit (abgesehen von der fehlenden zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs) keine Beschwer des Klägers durch das angefochtene amtsgerichtliche Urteil;

II. Zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf drei Jahre, aber nicht schon beginnend ab Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung (18.3.2003), sondern (aus Gründen des Vertrauensschutzes) erst beginnend mit der Zustellung der Berufungsbegründung (30.3.2006) und damit erst endend am 31.3.2009;

III. Zahlung von (aufgerundet) 45.000 EUR, davon entfallend 20.491,29 EUR (16.412,74 EUR+4.078,55 EUR) auf die Zeit vom 18.3.2003 bis 31.12.2005 und 24.414 EUR (39 Mon × 626 EUR/Mon) für die Zeit vom 1.1.2006 bis 31.3.2009.

Der Kläger hat dem Beklagten zum Vorwurf gemacht, in erster Instanz nur zum (fehlenden) Unterhaltsbedarf der Ehefrau vorgetragen zu haben, nicht aber auch auf die gem. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB nach den beiderseitigen Umständen gebotene zeitliche Begrenzung der Unterhaltsverpflichtung auf maximal drei Jahre hingewiesen zu haben. Auf diesem Vortragsdefizit beruhe das amtsgerichtliche Urteil. Deshalb sei er (der Kläger) gezwungen gewesen, Berufung einzulegen. Daraus sei der Kostenschaden i.H.v. (unstreitig) ...

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