Leitsatz (amtlich)

1. Tritt der Vertreter des Unternehmensträgers gegenüber einem Geschäftspartner oder allgemein im Geschäftsverkehr in der Weise auf, dass er den Eindruck erweckt, er sei selber der Träger des Unternehmens, der dieses in unbeschränkter persönlicher Haftung betreibt, so muss er sich gegenüber dem auf den damit zurechenbar gesetzten Schein gutgläubig Vertrauenden so behandeln lassen, als entspräche der Schein der Wirklichkeit.

2. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH muss, wenn er im Geschäftsverkehr auftritt, deutlich machen, dass der Unternehmensträger, für den er handelt, eine GmbH, also eine juristische Person mit beschränkter Haftungsmasse ist, bei dem keine der beteiligten natürlichen Personen persönlich haftet. Nichts anderes gilt für den Fall, dass Unternehmensträger eine Kommanditgesellschaft ist, deren alleinige persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist.

 

Normenkette

BGB §§ 164, 179

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Urteil vom 18.02.2010; Aktenzeichen 10 O 410/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18.2.2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des LG Mönchengladbach (10 O 410/08) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der S. Handelsgesellschaft mbH, die ihrerseits in Wege der Umwandlung aus der S. Handels-AG entstanden war, Kaufpreisforderungen gegen den Beklagten geltend.

Der Beklagte hatte unter der Geschäftsadresse B. Straße 94 in H. in der Rechtsform einer GmbH & Co KG, die als K.-Markt Curt E. GmbH & Co KG firmierte und als solche im Handelsregister eingetragen war, einen Lebensmittelmarkt innerhalb der "R.-Gruppe" betrieben. Auch steuerlich wurde das Unternehmen als K.-Markt Curt E. GmbH & Co KG geführt und war unter dieser Firma beim Gewerberegister der Stadt H. angemeldet; am 15.8.2000 erfolgte beim Gewerberegister eine Ummeldung des Gewerbes auf S.-Markt Curt E. GmbH & Co KG (Anlage 1 zum Protokoll vom 30.11.2009). Im Handelsregister wurde die Umfirmierung nicht eingetragen. Über das Vermögen der K.-Markt Curt E. GmbH & Co KG wurde am 3.11.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Vereinbarung vom 22.5.2000 vereinbarte die S. Handels-AG mit dem im Kopf der Vereinbarung als "Herr Curt E., B. Straße 94, H." aufgeführten und im Folgenden als S.-EH bezeichneten Beklagten, dass der "vom S.-EH zur Zeit unter K. geführte Lebensmittelmarkt" auf "S." umgestellt werde, die S. Handels-AG dem S.-EH einen Strukturzuschuss von 450.000 DM gewähre, der S.-EH den Markt unter "S./EUROS." eröffnen, mit der S. Handels-AG in eine laufende Geschäftsbeziehung eintreten und seinen Wareneinkauf über die S. Handels-AG abwickeln werde. Die Vereinbarung ist vom Beklagten - ohne Vertretungszusatz - unterschrieben; unterhalb der Unterschrift befindet sich ein Stempelaufdruck "S.-Markt E. GmbH & Co KG".

Die Forderungen der S. Handels-AG wurden während der Geschäftsbeziehung im Wege des Bankeinzugsverfahrens von einem auf den Namen der K.-Markt Curt E. GmbH & Co KG lautenden Konto eingezogen. Eine Lastschrift vom 19.9.2005 über insgesamt 15.596,11 EUR, die sich auf Rechnungen vom 12. bis 19.9.2005 bezog (Anlagen K 4.1 bis K 4.15), wurde nicht eingelöst; der Betrag der Rücklastschrift vom 28.9.2005 ist in vollem Umfang Gegenstand der Klage. Ebenfalls nicht eingelöst wurde eine weitere Lastschrift vom 10.10.2005 über insgesamt 13.862,88 EUR, die sich auf Rechnungen vom 04. bis 10.10.2005 bezog (Anlagen K 7.1 bis K 7.13); aus der Rücklastschrift vom 19.10.2005 macht die Klägerin 3.403,89 EUR geltend (350,10 EUR aus der Rechnung K 7.1, 187,79 EUR aus der Rechnung K 7.2, 2.865,15 EUR aus der Rechnung K 7.3 und 0,85 EUR aus der Rechnung K 7.4).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die S. Handels-AG habe vertragliche Beziehungen ausschließlich zum Beklagten persönlich unterhalten, so dass dieser zur Begleichung der offenen Rechnungen verpflichtet sei. Eine K.-Markt E. GmbH & Co KG sei der S. Handels-AG unbekannt gewesen. Den Stempelabdruck "S.-Markt Curt E. GmbH & Co KG" müsse der Beklagte nachträglich aufgebracht haben. Selbst wenn aber der Beklagte namens einer S.-Markt E. GmbH & Co KG aufgetreten wäre, hafte er nach § 179 BGB, weil eine solche Person zu keinem Zeitpunkt existiert habe.

Der Beklagte hat sich u.a. darauf berufen, dass er nicht passiv legitimiert sei. Vertragspartnerin der S. Handels-AG sei vielmehr die - später als S.-Markt E. GmbH & Co KG firmierende - K.-Markt Curt E. GmbH & Co KG gewesen. Ferner hat der Beklagte den Erhalt der mit den streitgegenständlichen Rechnungen berechneten Waren bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage ist am 23.12.2008 unter Beifügung des Kostenvorschusses beim LG eingegangen. Ein erster Zustellversuch unter der Adresse B. Straße 94 in H. ist gescheitert, weil die Klägerin eine unzutreffende Anschrift angegeben hatte. Hiervon hat die Klägerin am 13.1.2009 Kenntn...

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