Leitsatz (amtlich)

1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes eines zur Auskunft und zur Rechnungslegung verurteilten Beklagten richtet sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Abgabe erfordert. Der Aufwand berechnet sich nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG), welches derzeit einen Höchstsatz von EUR 25,00 pro Stunde vorsieht.

2. Eine Vereinbarung zwischen Rechtsanwälten, nach der die Vermittlung von Mandaten gegen Entgelt erfolgen soll, ohne dass hierfür eine konkrete, dem Mandat zuzuordnende Tätigkeit geschuldet ist, verstößt gegen § 49b Abs. 3 BRAO.

3. § 49b Abs. 2 BRAO stellt ein Verbotsgesetz i.S. § 134 BGB dar (Anschluss an OLG München, Beschluss vom 31. Oktober 2019 - 23 U 940/19, Rn. 34ff.).

4. Wird eine Stufenklage insgesamt abgewiesen, ist als Streitwert der erwartete Zahlungsbetrag festzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 21 O 266/18)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 29. Juni 2021 bleibt aufrechterhalten.

Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 29. Juni 2021 durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger und der Beklagte sind Rechtsanwälte. Der Kläger betrieb eine eigene Kanzlei und vertrat in "Massen-Verfahren" eine Vielzahl von Kapitalanlegern. Der Beklagte war zunächst als angestellter Rechtsanwalt für den Kläger mit derartigen Mandaten befasst. Das Vertragsverhältnis endete durch eine fristgerechte Kündigung des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 1. Juli 2013. Der Beklagte war nachfolgend selbstständig tätig.

Unter dem 5. Juli 2013 schlossen die Parteien eine sog. "Kooperationsvereinbarung" (Anlagenband I, I-4, Anl. K1). Diese sieht vor, dass der Kläger Mandate von Kapitalanlegern akquirierte und diese außergerichtlich allein betreute. Das damit einhergehende Honoraraufkommen sollte ihm allein zufließen. Sollte eine außergerichtliche Einigung nicht erzielt werden können, sollte der Kläger dem Beklagten betroffene Mandanten namhaft machen. Darüber hinaus enthält die Vereinbarung Regelungen über die Verpflichtung des Klägers, dem Beklagten zur Verfolgung und Geltendmachung der Ansprüche bei ihm vorhandene Unterlagen zur Verfügung zu stellen, ihn bestmöglich zu unterstützen und mindestens 40 Terminsvertretungen pro Kalenderjahr, maximal jedoch 6 pro Monat, zu übernehmen. Der Kläger sollte abgestuft nach Gegenstandswerten und Tätigkeiten in der ersten Instanz einen Anteil vom Nettohonorar von mindestens 40 % (bei Gegenstandswerten bis EUR 5.999,00) bis 65 % (bei Gegenstandswerten ab EUR 40.000,00) erhalten. Entsprechende Regelungen galten für die zweite Instanz, wobei bei einer Prüfung der Erfolgsaussichten ohne Berufungseinlegung und bei einer nur fristwahrenden Berufungseinlegung der Kläger 60 % des Nettohonorars erhalten sollte. Bei Gegenstandswerten über EUR 6.000,00 fiel darüber hinaus zu Lasten des Beklagten eine Fallpauschale von EUR 100,00 je Fall, zahlbar für jede Instanz, an. Der Beklagte war verpflichtet, spätestens 10 Banktage nach dem Honorareingang dem Kläger eine Gutschrift zu erteilen und den geschuldeten Betrag zu zahlen. Des Weiteren enthält die Vereinbarung näher beschriebene Verpflichtungen des Beklagten zur Auskunft und Abrechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kooperationsvereinbarung Bezug genommen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe zuletzt im Mai 2015 Auskünfte erteilt.

Er hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zur Auskunft über den Stand näher bezeichneter Verfahren, gebührenauslösender Tatbestände, Prüfungen über Erfolgsaussichten in näher bezeichneten Fällen und zu weiteren Auskünften zu verurteilen. Wegen des konkreten Antrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Teilurteils Bezug genommen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Kooperationsvereinbarung verstoße gegen § 49b Abs. 3 BRAO und sei deshalb gem. § 134 BGB nichtig. Der in § 49b Abs. 3 S. 5 BRAO vorgesehene Ausnahmetatbestand der gemeinsamen Mandatsbearbeitung läge nicht vor. Auch die Verantwortlichkeit und das Haftungsrisiko spiegele sich in der vorgesehenen Gebührenverteilung nicht ansatzweise in angemessener Form wider. Die vom Kläger behaupteten Unterstützungsleistungen habe es nie gegeben, auch habe dieser für ihn keine Terminsvertretungen ausgeführt. Hierzu habe es dem Kläger bereits an Kapazitäten gefehlt. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten, der Kläger habe spätestens im Jahr 2014 Kenntnis davon erlangt, dass keine Zahlungen mehr geleistet und Abrechnungen erteilt wurden.

Das Landgericht hat in seinem angefochtenen Teilurteil vom 23. Oktober 2019 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtete sich ...

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