Leitsatz (amtlich)

1. Der Handelsvertreter hat seine Reisekosten grundsätzlich selbst zu tragen, weil es sich dabei um Aufwendungen seines Geschäftsbetriebs handelt, die durch seine Vergütung – die Provision – regelmäßig mitabgegolten werden.

2. Etwas anders gilt, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter für die Ausübung der Geschäftstätigkeit von sich aus ein Fahrzeug zur Verfügung stellt: will er die ihm hierfür entstehenden Aufwendungen nicht selbst tragen, sondern auf den Handelsvertreter überwälzen, bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Parteien.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 1 O 357/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.11.2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.007,39 Euro mit 12 % Zinsen aus 260,49 Euro seit dem 13.11.1998 und aus 12.746,90 Euro seit dem 7.8.1999 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 1/4 und der Beklagte 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers hat ganz überwiegend Erfolg.

A. Dem Kläger steht rückständige Provision i.H.v. 13.007,39 Euro mit 12 % Zinsen aus 260,49 Euro seit dem 13.11.1998 und aus weiteren 12.746,90 Euro seit dem 7.8.1999 zu.

1. Wie der Senat bereits in seinem Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 3.5.2002 ausgeführt hat, kann der Kläger von dem Beklagten aus den Provisionsabrechnungen für April bis Oktober 1998 restliche Provision i.H.v. 10.475,68 Euro (= 20.488,64 DM) verlangen, weil sich nicht feststellen lässt, dass der Beklagte berechtigt war, in dieser Höhe Abzüge für Fahrzeugkosten vorzunehmen:

1.1. Es ist zwischen den Parteien ausser Streit, dass der Beklagte dem Kläger und seinen freien Mitarbeitern für die Ausübung ihrer Handelsvertretertätigkeit Fahrzeuge zur Verfügung gestellt und um die ihm insoweit entstandenen Kosten den Provisionsanspruch des Klägers gekürzt hat. Hierzu indessen war er nur dann berechtigt, wenn sich der Kläger ihm ggü. zur Übernahme der Fahrzeugkosten vertraglich verpflichtet hatte.

Zwar hat der Handelsvertreter grundsätzlich seine Reiskosten selbst zu tragen, weil es sich bei diesen um Aufwendungen seines Geschäftsbetriebs handelt, die durch seine Vergütung – die Provision – regelmäßig mitabgegolten werden (§ 87d HGB). Anders ist die Sachlage jedoch dann, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter für die Ausübung seiner Geschäftstätigkeit von sich aus ein Fahrzeug zur Verfügung stellt. Will er die ihm hierfür entstehenden Aufwendungen nicht tragen, sondern auf den Handelsvertreter überwälzen, so bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Parteien.

Nichts anderes gilt in mehrstufigen Handelsvertreterverhältnissen, so wenn – wie hier – der Untervertreter (der Kläger) nicht unmittelbar für den Unternehmer, sondern für dessen Handelsvertreter (den Beklagten) tätig wird, weil dieser gleichzeitig Unternehmer im Verhältnis zum Untervertreter ist (§ 84 Abs. 3 HGB).

1.2. Dass die Parteien sich anlässlich des Vertragsschlusses auch darüber geeinigt haben, dass der Beklagte berechtigt sein sollte, den Kläger mit den ihm entstehenden Fahrzeugkosten zu belasten, lässt sich auf der Grundlage der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht feststellen. Nach den Angaben des Zeugen S. hat der Beklagte bei den Vertragsverhandlungen im Frühjahr 1998 erklärt, er werde sich um die Fahrzeuge kümmern, das sei seine Sache (Bl. 179 GA). Später habe er die Kosten für die Leasingfahrzeuge von den ihnen zustehenden Provisionen in Abzug gebracht, obwohl darüber keine Vereinbarung getroffen worden sei (Bl. 180 GA). Er habe zu den vorgenommenen Provisionskürzungen angemerkt, dass noch Fahrzeug- und Mitarbeiterkosten angefallen seien, die vorher nicht berücksichtigt worden seien (Bl. 178 GA). Die Zeugin Austermann – kaufmännische Angestellte des Beklagten – konnte keinerlei Angaben zu den Vereinbarungen zwischen den Parteien machen, weil diese unstreitig nicht schriftlich niedergelegt worden sind und sie bei den Vertragsverhandlungen nicht zugegen war (Bl. 224 GA). Sie konnte daher nur bekunden, welche Vereinbarungen der Beklagte üblicherweise mit seinen Untervertretern traf.

1.3. Auch der Umstand, dass der Kläger sich ggü. der Firma A., für die er zuvor als Handelsvertreter tätig war, zur Übernahme der Fahrzeugkosten verpflichtet haben mag, ist ohne Belang. Der Kläger hat mit dem Beklagten nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Firma A. ein neues Handelsvertreterverhältnis begründet, für das die Vereinbarungen mit seinem früheren Unternehmer nur dann massgeblich sein können, wenn die Parteien ihre Geltung ausdrücklich vereinbart hätten. Da sich dies auf der Grundlage der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht feststellen lässt, ist es ohne Bedeutung, ob der Beklagte in Leasingverträge zwischen dem...

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