Leitsatz (amtlich)

1. Die von einem Steuerberater im Rahmen seines Mandats zu erteilenden Hinweise und Belehrungen haben sich zunächst an der jeweils aktuellen höchstrichterlichen (finanzgerichtlichen) Rspr. auszurichten. Besteht zu einer konkreten steuerrechtlichen Frage im Beratungszeitraum eine höchstrichterliche Rspr. (noch) nicht, kann von einem Steuerberater regelmäßig nicht erwartet werden, dass er die künftige Rspr. an Hand bisher vorliegender Entscheidungen zu ähnlichen Fällen bereits im Vorgriff berücksichtigt.

2. Fehlt eine höchstrichterliche Rspr., so ist ein Steuerberater verpflichtet, weitere Quellen für die Rechtsprüfung auszuschöpfen, wie vor allem die Rspr. der Untergerichte, das einschlägige Schrifttum und die Verwaltungsübung.

Er begeht keine Pflichtverletzung, wenn er auf der Grundlage der Rspr. der Untergerichte und der h.M. in der Literatur ggü. dem Mandanten eine steuerlich positive Prognose abgibt.

Er ist nicht verpflichtet, dem Mandanten eine bestimmte Entscheidung zu empfehlen, sondern muss durch Hinweise den Mandanten (nur) in die Lage versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und eine Fehlentscheidung zu vermeiden.

3. Der Mandant muss die Pflichtverletzung des Steuerberaters auch dann uneingeschränkt beweisen, wenn er behauptet, das gebotene Beratungsgespräch habe nicht stattgefunden. Seine Beweisschwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass der Steuerberater zunächst im Einzelnen darzulegen hat, in welcher Weise er die Belehrung vorgenommen haben will.

4. Der Mandant muss auch darlegen und beweisen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters genommen hätten und wie seine Vermögenslage dann wäre (haftungsausfüllende Kausalität, § 249 BGB). Der hypothetische Zusammenhang ist vom Tatrichter gem. § 287 ZPO zu beurteilen. Die Regelungen des Beweises des 1. Anscheins sind nicht anwendbar, wenn bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters verschiedene vernünftige Handlungsweisen in Betracht gekommen wären.

5. Ob und in welchem Umfang ein nach § 249 BGB zu ersetzender Schaden vorliegt, beurteilt sich nach einem rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis bewirkten Vermögenslage mit derjenigen, die ohne diesen Umstand eingetreten wäre; der haftpflichtige Berater hat den Mandanten vermögensmäßig so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten stünde. Die hierzu erforderliche Differenzrechnung setzt einen Gesamtvermögensvergleich voraus, bei der alle Folgen des schädigenden Ereignisses zu berücksichtigen sind, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

6. Auch im Rahmen einer Feststellungsklage ist eine summarische Darstellung erforderlich, der entnommen werden kann, dass ein Schaden wahrscheinlich entstanden ist.

 

Normenkette

pVV; BGB § 249; EStG §§ 4d, 16, 34 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 12.01.2005; Aktenzeichen 5 O 294/02)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 12.1.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Kläger (Zahnarzt und Ehefrau) verlangen von den Beklagten, die sie von 1981 bis 2000 steuerlich berieten, Schadensersatz wegen pflichtwidriger Beratung bei der Gestaltung/Ausführung mehrerer Verträge.

1. Dabei geht es zunächst um den Vertrag vom 18.12.1998 (Anlage 1), der in Ergänzung des Vertrages vom 7.8.1997 (Anlage B15) geschlossen wurde. Im Jahre 1997 hatte der klagende Zahnarzt mit 4 weiteren Zahnärzten eine Partnergesellschaft gegründet und dieser sämtliche in seinem Eigentum und Sonderbetriebsvermögen verbliebenen Wirtschaftsgüter seiner früheren Einzelpraxis zur Verfügung gestellt. Durch Vertrag vom 18.12.1998 übertrug er aus seinem Sonderbetriebsvermögen medizinische Geräte, Laboreinrichtung, sonstige Praxisausstattung, geringwertige Wirtschaftsgüter, Finanzanlagen und EDV-Software sowie seinen ideellen Praxisanteil zu je 1/3 auf 2 seiner Partner. Einen wesentlichen Teil seines Sonderbetriebsvermögens, die Praxisimmobilie, blieb in seinem Eigentum. Als Ausgleich für den Beteiligungserwerb zahlten die 2 Partner an den Kläger jeweils 1.050.000 DM. Im Jahre 2000 übertrug der Kläger den 2 Partnern zusätzlich in seinem Sonderbetriebsvermögen geführte Darlehn der A-Bank i.H.v. 250.000 DM und der V (Versorgungskasse für Zahnärzte und den Dentalmarkt) i.H.v. 440.804 DM zu je 1/3. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Anlage zum Ergänzungsvertrag vom 18.12.1998 mit dem Verzeichnis 1 des von der Übertragung erfassten Sondervermögens unter Aufführung auch der Darlehn gefertigt und später ...

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