Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheitsunterhalt. Befristung. ehebedingte Nachteile. Übergang auf Sozialhilfeträger

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Befristung des nachehelichen Unterhalts im Fall der Klage des Sozialhilfeträgers auf rückständigen und laufenden Unterhalt aus übergegangenem Recht

 

Normenkette

BGB § 1572; SGB XII § 94

 

Verfahrensgang

AG Neuss (Entscheidung vom 31.10.2007; Aktenzeichen 46 F 347/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.04.2010; Aktenzeichen XII ZR 141/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten sowie die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 31. Oktober 2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

  • 1.

    Unterhaltsrückstände für A. für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis zum 31.12.2006 in Höhe von 3.896 € zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2007,

  • 2.

    Unterhaltsrückstände für A. für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.08.2007 in Höhe von 1.714 € zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2007 sowie

  • 3.

    an laufenden Unterhalt für A. für die Zeit ab 01.09.2007 monatlich im Voraus bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen unter Beachtung des § 94 Abs. 1 S 6 Sozialgesetzbuch XII, SGB XII, i. V. m. § 105 Abs. 2 SGB XII (August 2007 = 617,82 €) zu zahlen,

befristet bis Dezember 2008,

mit der Maßgabe, dass rückständige Beträge jeweils zu verzinsen sind in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem jeweiligen Basiszins.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Von den Kosten beider Rechtszüge tragen die Klägerin ¼ und der Beklagte ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 31. Oktober 2007 (Bl. 107 ff. GA) und im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen.

A.

Die Klägerin gewährt der am 17.06.1955 geborenen A. (nachfolgend Ehefrau) ab 01.01.2005 Sozialhilfe, wovon sie dem am 14.11.1960 geborenen Beklagten (nachfolgend Ehemann) am 28.01.2005 (Bl. 18 GA) Mitteilung machte.

Die Eheleute hatten am 04.06.1984 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist der am 12.11.1986 geborene Sohn C. hervorgegangen. Im November 1992 trennten sich die Eheleute zunächst innerhalb der Wohnung. Seit Februar 1993 lebten die Eheleute auch räumlich von einander getrennt. Der Scheidungsantrag des Ehemannes vom 08.09.1993 ist seit dem 23.11.1993 rechtshängig (Bl. 7 in 258 F 2681/93 AG Düsseldorf). Bereits zur Zeit des Scheidungsverfahrens (Bl. 39 BA) bezog die Ehefrau Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, da sie aus nervenärztlichen Gründen (Attest Dr. D. vom 19.07.1994 - zitiert Bl. 39 BA -) arbeitsunfähig war. Mit Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 02.02.1995, rechtskräftig seit dem 08.04.1995 (Bl. 54 BA), wurde die Ehe der Parteien geschieden.

Bereits in seinem Scheidungsantrag hatte der Ehemann im Zusammenhang mit seinem Sorgerechtsantrag für C. angegeben, die Ehefrau sei aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung zur Ausübung der elterlichen Sorge nicht in der Lage (Bl. 3 BA).

Im Verfahren 46 F 109/06 hatte die Klägerin den Beklagten aus übergegangenem Recht mit Klageschrift vom 02.02.2006 auf Zahlung rückständigen Unterhalts für die Ehefrau für den Zeitraum Februar bis Oktober 2005 in Anspruch genommen und den Unterhaltsanspruch auf dauernde Erwerbsunfähigkeit der Ehefrau gestützt. Diese hatte am 04.01.1996 (Bl. 32 GA) erklärt, seit Mitte der 80er Jahre psychisch krank zu sein und an Depressionen zu leiden. Am 29.10.1996 (Bl. 34 GA) attestierte Dr. D., die Ehefrau sei seit 1987 dort in Behandlung.

In einer Verhandlungsniederschrift vom 20.03.1997 (Bl. 43 GA) räumte der Ehemann ein, der Ehefrau stehe dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu; Unterhalt werde er aber nur an den Sozialhilfeträger zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.04.2006 (Bl. 118 in 46 F 109/06) verglichen sich die Parteien auf etwa die Hälfte des insgesamt vom Sozialamt der Stadt N. geltend gemachten Betrages von 5.445,38 € nebst Zinsen, nämlich auf die Zahlung von 2.700 € (Bl. 119 BA).

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung rückständigen Unterhalts für den Zeitraum November 2005 bis Dezember 2006 mit 3.896 € nebst Zinsen, ferner auf Zahlung rückständigen Unterhalts für den Zeitraum Januar bis August 2007 in Höhe von 1.714 € nebst Zinsen, sowie ab September 2007 auf Zahlung monatlichen Unterhalts in Höhe von 617,82 € in Anspruch.

Sie stützt ihren den übergegangenen Anspruch auf einen Krankenunterhalt der Ehefrau gemäß § 1572 Nr. 1 BGB.

Ergänzend trägt sie vor, an der Erkrankung der Ehefrau habe sich nichts geändert; diese sei unter anderem vom 24.06. bis 30.11.1995 stationär behandelt worden; das Kreisgesundheitsamt habe am 06.10.2004 attestiert, dass bei der Ehefrau eine dauerhafte und volle Erwerbsminderung vorliege, was die LVA Rheinprovinz mit Schreiben vom 13.01.2005 bestätigt habe.

Die Ehefrau könne ihren Lebensu...

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