Leitsatz (amtlich)

Ein Schaden, der dadurch entsteht, dass ein Kreiselschwader auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche einen Stein wegschleudert, der eine zufällig am Rand befindliche Person verletzt, ist nicht der Betriebsgefahr des Traktors zuzurechnen, der den Kreiselschwader gezogen und angetrieben hat.

 

Normenkette

StVG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 2 O 17/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.09.2021; Aktenzeichen VI ZR 726/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.07.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve (2 O 17/18) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls die Beklagten vor der Vollstreckung nicht gleicher Höhe Sicherheit leisten.

 

Gründe

I. Der am 05.04.1963 geborene Kläger macht Schmerzensgeld und Schadensersatz aus einem Unfallereignis vom 04.07.2016 geltend.

An diesem Tag hielt sich der Kläger gegen 19:00 Uhr in N.-V. auf dem Grundstück G. Straße am Rande des dort befindlichen Reitplatzes auf.

Zeitgleich mähte der Beklagte zu 1. mithilfe seines bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Traktors und eines von diesem angetriebenen Kreiselmähwerks auf dem westlich angrenzenden Grundstück eine als Weideland genutzte Wiesenfläche. Während der Mäharbeiten wurde der Kläger durch einen Stein am rechten Auge getroffen und schwer verletzt.

Der Kläger erlitt eine Contusio bulbis mit lamellärer Hornhautverletzung. In einer zweistündigen Operation wurde ihm eine künstliche Linse eingesetzt (vgl. Berichte der Augenklinik des H. K. K. vom 05.07.2016, 08.07.2016 und 24.08.2016.

Nach einer mehrere Monate andauernden Dienstunfähigkeit trat der Kläger seinen Dienst als städtischer Beamter bei der F.- und R. zum 01.02.2017 zunächst in Wiedereingliederung und ab dem 01.05.2017 vollschichtig wieder an.

Der Kläger begehrt Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 12.000,00 EUR, Erstattung des materiellen Schadens in bezifferter Höhe von 2.262,50 EUR (entgangene "DUZ-Beträge" für 10 Monate: 1.762,50 EUR + Eigenleistung: 500,00 EUR) und die Feststellung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung zum Ersatz des künftigen materiellen und immateriellen Schadens sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 EUR.

Zum Schadenshergang hat er behauptet, bei den Mäharbeiten sei ein pflaumengroßer Stein "durch eines der Kreiselmähwerke in seine Richtung hochgeschleudert worden", der ihn sodann am rechten Auge getroffen habe.

Die Beklagten haben demgegenüber geltend gemacht, von dem an den Traktor angehängten Kreiselmähwerk könne kein Stein über etwa 50 m in Richtung des Klägers geschleudert worden sein, weil die Mähmesser durch ein bis fast an den Boden reichendes Kunststofftuch bedeckt seien. Der Beklagte zu 1. habe bei einer Sichtprüfung vor Beginn des Mähvorgangs keine Unregelmäßigkeiten festgestellt.

Sie haben zudem die Ansicht vertreten, selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags sei eine Haftung nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 BGB nicht gegeben. Der behauptete Schadensfall sei nicht durch "den Betrieb eines Fahrzeugs" verursacht worden, weil der Traktor lediglich als Arbeitsmaschine auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche eingesetzt worden sei.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Zwar sei ein mit Kreiselmähwerken versehener Traktor ein Fahrzeug im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG, nämlich ein durch Maschinenkraft bewegtes Landfahrzeug. Der Schaden habe sich aber nicht beim "Betrieb des Fahrzeugs" ereignetet, weil das behauptete Hochschleudern des Steines nicht dem Betrieb des Traktors als Verkehrsmittel zuzurechnen sei. Vielmehr habe sich die von dem Betrieb des Traktors als Arbeitsmaschine ausgehende Gefahr verwirklicht. Der Traktor sei außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes eingesetzt worden und die Transportfunktion habe lediglich dem Bestellen der landwirtschaftlichen Fläche gedient.

Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf § 823 Abs. 1 BGB stützen. Es fehle am hierfür erforderlichen Verschulden des Erstbeklagten.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiter verfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kleve vom 25.07.2018 aufzuheben und

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a) an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 04.11.2016 und

b) 2.262,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit

zu zahlen,

c) i...

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