Leitsatz (amtlich)

1. Zur Verkündung eines Urteils trotz Verfahrensunterbrechung (§ 249 Abs. 3 ZPO)

2. Zur Frage der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen ein britisches Brokerunternehmen wegen Beteiligung an einer sittenwidrigen Anlegerschädigung

 

Normenkette

ZPO § 249; BGB § § 199 ff., § 826

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Urteil vom 14.05.2009; Aktenzeichen 10 O 214/08)

BGH (Aktenzeichen VI ZR 19/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.5.2009 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Mönchengladbach (10 O 214/08) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die in Großbritannien ansässige Beklagte, ein nach englischem Recht reguliertes Brokerhaus, das vormals unter E. International Ltd. firmierte, auf Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) in Anspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Zwischenurteil des Senats vom 25.6.2010 Bezug genommen.

Mit diesem Zwischenurteil hat der Senat die Klage für zulässig erachtet. Die gegen die Nichtzulassung der Revision durch den Senat eingelegte Beschwerde hat der BGH durch Beschluss vom 15.2.2011 zurückgewiesen.

Die Parteien tragen ergänzend wie folgt vor:

Der Kläger weist darauf hin, dass die Beklagte auch im vorliegenden Falle Kenntnis von den der D. zufließenden Gebühren gehabt habe. Das Geschäftsmodell der D. sei angesichts des Umstandes, dass die vom Kläger eingezahlte Summe in nur sechs Monaten zur Hälfte in Gebühren umgesetzt worden sei, ersichtlich sittenwidrig.

Die Beklagte ist der Auffassung, weder das Zwischenurteil des Senats noch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH entfalteten hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit Bindungswirkung; die Annahme einer solchen Bindungswirkung verstieße gegen europäisches Recht. Deshalb sei das Verfahren im Hinblick auf mehrere Vorlagebeschlüsse des LG Düsseldorf und des LG Mönchengladbach auszusetzen bzw. dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

In der Sache wiederholt die Beklagte ihre Auffassung, wonach sie den Tatbestand einer Beihilfe zur sittenwidrigen Schädigung des Klägers nicht verwirklicht habe. Es fehle an schlüssigem Sachvortrag des Klägers zu der angeblichen Haupttat der D.. Eine Beteiligung der Beklagten an einem durch die D. zu Lasten des Klägers verübten Delikt komme ebenfalls nicht in Betracht: es sei zwar unstreitig, dass die Beklagte den für die Geschäfte des Klägers vereinbarten und bei diesen Geschäften angewandten Kommissionssatz gekannt habe; dieser Kommissionssatz habe aber keineswegs dazu geführt, dass die Optionsgeschäfte von vorneherein chancenlos gewesen seien. Ferner beruft sich die Beklagte erneut auf Verjährung. Schließlich rügt sie mit Schriftsatz vom 28.10.2011 erstmals die Aktivlegitimation des Klägers und trägt dazu vor, er habe seine Ansprüche an einen Prozessfinanzierer abgetreten.

In der mündlichen Verhandlung vom 7.10.2011 hat der Senat beiden Parteien die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 28.10.2011 ergänzend schriftsätzlich zur Frage der Verjährung Stellung zu nehmen. Dies ist seitens der Beklagten am 28.10.2011 geschehen. Auf Antrag des Klägers vom 28.10.2011 wurde die für ihn laufende Frist durch Beschl. v. 31.10.2011 - von der Geschäftsstelle des Senats abgesandt am 2.11.2011 - bis zum 4.11.2011 verlängert; am selben Tage ging auch die ergänzende Stellungnahme des Klägers beim OLG ein.

Am 31.10.2011, 17.00 Uhr GMT, wurde das "Special Administration Regime (SAR)" nach den "The Investment Bank Special Regulations 2011" über das Vermögen der Beklagten angeordnet (vgl. "Order" des Londoner High Court of Justice, Anlage 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 8.11.2011). Die Beklagte vertritt insoweit die Auffassung, das Verfahren sei nach § 240 ZPO unterbrochen; der Kläger ist dem unter Hinweis auf § 249 Abs. 3 ZPO entgegen getreten.

II. Der Senat ist durch die Eröffnung des "Special Administration Regime (SAR)" über das Vermögen der Beklagten am 31.10.2011 nicht an der Verkündung dieses Urteils gehindert.

Dabei mag für das vorliegende Verfahren dahinstehen, ob die Eröffnung dieses, auf den britischen "The Investment Bank Special Regulations 2011" beruhenden Verfahrens eine Unterbrechung des Rechtsstreits nach den §§ 240 ZPO, 352 InsO i.V.m. Art. 15 EuInsVO bewirkte, wofür nach Auffassung des Senats in Ansehung der von der Beklagten überreichten britischen Rechtsnormen und der Entscheidung des BGH vom 13.10.2009 (X ZR 79/06) einiges sprechen könnte. Die Unterbrechung wäre jedoch erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 7.10.2011 eingetreten, so dass sie die Verkündung dieses Urteils nicht hindern würde (§ 249 Abs. 3 ZPO).

Allerdings wird in Rechtsprechung und Lit...

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