Leitsatz (amtlich)

Eine dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) kann der Anfechtungsgegner der Gläubigeranfechtung gemäß § 767 Abs. 1 und 2 ZPO entgegenhalten, wenn der Gläubiger die Anfechtungsklage erst nach Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens erhoben hat und die Anfechtung Rechtshandlungen betrifft, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind (Abgrenzung zu BGH, 12.11.2015 - IX ZR 301/14).

 

Normenkette

ZPO § 767; InsO § 301; AnfG §§ 12, 18

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 16.06.2016; Aktenzeichen 1 O 420/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.03.2018; Aktenzeichen IX ZR 163/17)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.06.2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Düsseldorf (1 O 420/15) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Inhaber rechtskräftig titulierter Forderungen i. H. von mehr als 650.000 EUR nebst Zinsen gegen O. (Schuldner) aus selbstschuldnerischen Bürgschaften. Er nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Gläubigeranfechtung auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen eines Teilbetrages von 20.001 EUR in ein Grundstück in K. in Anspruch, das der Schuldner mit notariellem Kaufvertrag v. 22.10.2003 (Nr... der Urkundenrolle für 2003 des Notars T. in B., Anl. CBH 1) an die seinerzeit in Gründung befindliche Beklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter der Schuldner ist, veräußert hat. Die Bürgschaften betrafen Verbindlichkeiten der R. GmbH, deren Geschäftsführer der Schuldner war, aus der Untervermietung von Ladenlokalen durch den Kläger. Nachdem es im Jahr 2003 zu Rückständen bei der Zahlung des Mietzinses gekommen war, kündigte der Kläger im November 2003 eine Inanspruchnahme des Schuldners aus den Bürgschaften an. Über das Vermögen der R. GmbH wurde im August 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das LG Düsseldorf verurteilte den Schuldner, an den Kläger 245.635,71 EUR nebst Zinsen sowie für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2005 monatlich 9.848,83 EUR und vom 01.04.2005 bis zum 31.12.2008 monatlich 8.598,83 EUR nebst Zinsen zu zahlen (Urteil v. 20.01.2005 - 1 O 105/04, Anl. TW 10). Vollstreckungsversuche des Klägers blieben erfolglos, der Schuldner gab im November 2005 die eidesstattliche Versicherung ab (Anl. TW 11). Mit Beschluss vom 23.01.2007 eröffnete sodann das AG N. (...) das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt M. prüfte u.a. auch wegen der streitgegenständlichen Grundstücksübertragung mögliche Anfechtungsansprüche. In seinem Schlussbericht v. 24.04.2014 (Anl. CBH 11) kam er zu dem Ergebnis, dass es an einer Gläubigerbenachteiligung fehle, da das Grundstück, dessen Wert er auf rund 1,2 Mio. EUR schätzte, mit Grundpfandrechten i.H.v. mindestens 4,2 Mio. EUR zugunsten der Volksbank S. belastet sei, deren Forderungen im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung mit rund 7,6 Mio. EUR die Grundpfandrechte und erst recht den Wert des Grundstücks bei Weitem überstiegen hätten. Die in Höhe von rund 450.000 EUR angemeldete Forderung des Klägers aus dem Urteil des LG Düsseldorf wurde in voller Höhe zur Tabelle festgestellt; der Kläger hat hierauf eine Quotenausschüttung i.H.v. rund 3.500 EUR erhalten. Das AG N. erteilte dem Schuldner mit Beschluss vom 08.01.2014 die Restschuldbefreiung gemäß § 300 lnsO (Anl. CBH 12). Mit weiterem Beschluss vom 17.02.2015 (Anl. TW 16) wurde das Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners nach Durchführung des Schlusstermins aufgehoben.

Der Kläger hält die Grundstücksübertragung auf die Beklagte für anfechtbar, da diese nur erfolgt sei, um die absehbare Inanspruchnahme des Schuldners aus den Bürgschaften zu vereiteln. Die Beklagte hat geltend gemacht, wegen der dem Schuldner gewährten Restschuldbefreiung fehle es bereits an einem vollstreckbaren Titel als Voraussetzung der Gläubigeranfechtung, da der Kläger die Schuld nicht mehr gegen den Schuldner durchsetzen könne. Diese Einwendung könne sie dem Kläger auch entgegenhalten, da dieser die Anfechtungsklage nicht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben habe. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus §§ 3 Abs. 1, 11 Abs. 1 (in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung [a.F.] gemäß § 20 Abs. 4 AnfG i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherhei...

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