Verfahrensgang

AG Neuss (Beschluss vom 26.02.2014)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 11.01.2017; Aktenzeichen 1 BvR 2322/16)

BGH (Beschluss vom 24.08.2016; Aktenzeichen XII ZB 351/15)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Neuss vom 26.2.2014 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde sein vom AG zurückgewiesenes Begehren weiter, ihn als Vater von neun Embryonen, die sich derzeit eingefroren in einer Fortpflanzungsklinik in Kalifornien/USA befinden, festzustellen. Bei den Embryonen handelt es sich nach der Wortwahl des Antragstellers um "überschüssige Kinder (in der Embryonalphase)", die parallel zur künstlichen Zeugung seiner Töchter A und A H aus Spermazellen des Antragstellers und Eizellen einer Spenderin in Kalifornien entstanden seien. Der Antragsteller will nach seinen aktuellen Vorstellungen die Embryonen "zur Geburt führen" und betrieb bzw. betreibt hierzu verschiedene Gerichtsverfahren, neben diesem Verfahren mit dem Ziel der Feststellung seiner Vaterschaft unter anderem ein Verfahren betreffend die elterliche Sorge für die Embryonen, welches sich derzeit ebenfalls in der Beschwerdeinstanz - vor dem 7. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Aktenzeichen II-7 UF 75/14 - befindet.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das AG die Feststellung derVaterschaft abgelehnt. Der Antrag ist unbegründet, weil die Möglichkeit der Vaterschaftsfeststellung im Hinblick auf ein bestimmtes Kind vor dessen Geburt gesetzlich nicht eröffnet ist.

Die rechtliche Vaterschaft für ein bestimmtes Kind steht nach deutschem Recht erst mit der Geburt des Kindes fest. Gemäß § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kindes nämlich der Mann, der "bei der Geburt" mit der Mutter verheiratet ist. Die Regelung bringt den gesetzgeberischen Willen, dass erst dann die rechtliche Vaterschaft sicher geklärt werden kann, klar zum Ausdruck, weil erst im Zeitpunkt der Kindesgeburt feststeht, ob die Mutter zu diesem Zeitpunkt verheiratet ist oder nicht. Dass dieVaterschaft gemäß §§ 1592 Nr. 2, 1594 Abs. 4 BGB auch schon vor der Geburteines Kindes für dasselbe anerkannt werden kann, bringt einen abweichenden gesetzgeberischen Willen nicht zum Ausdruck, denn nach § 1594 Abs. 2 BGB ist (auch) eine solche Anerkennung nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Die Vaterschaft eines anderen Mannes kann aber auch auf der Regelung des § 1592 Nr. 1 BGB beruhen, die wiederum erst zum Zeitpunkt der Geburt feststeht bzw. ausgeschlossen werden kann. Im Übrigen begehrt der Antragsteller nicht die Anerkennung der Vaterschaft, sondern die Feststellung der Vaterschaft für in der Embryonalphase befindliche menschliche Lebewesen. Eine Analogiefähigkeit von § 1594 Abs. 4 BGB für den Fall der Vaterschaftsfeststellung ist für den Senat nicht ersichtlich (ablehnend auch Staudinger/Rauscher (2011) BGB § 1594 Rn. 55; MüKo/Wellenhofer (2012) BGB § 1594 Rn. 43); der Ausnahmecharakter der Vorschrift sowie das Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 1600d BGB sprechen klar gegen eine planwidrige Gesetzeslücke und damit gegen eine entsprechende Anwendung zur Ermöglichung der Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt eines Kindes.

Die (ggf. analoge) Anwendung von § 1912 BGB, die der Antragsteller für sich anführt, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Vorschrift ist gerade zu entnehmen, dass zur Wahrung der künftigen Rechte einer Leibesfrucht grundsätzlich ein Pfleger zu bestellen (und nicht - ggf. auch nur ersatzweise - die Vaterschaft eines bestimmten Mannes festzustellen) ist. Es steht auch keinesfalls fest, dass der Antragsteller sorgeberechtigt wäre, wenn eines der Kinder bereits geboren wäre (§ 1912 Abs. 2 BGB). Dies kann allerdings - auch mit Blick auf das bei dem 7. Senat für Familiensachen anhängige Verfahren II-7 UF 75/14 - offen bleiben. Der Antragsteller macht im hiesigen Verfahren mit der Berufung auf § 1912 BGB (analog) keine künftigen Rechte eines menschlichen Embryos geltend, sondern erhofft sich mit der Vaterschaftsfeststellung eine Art Verfügungsbefugnis über die Embryonen auch ohne oder gegen den Willen der Eizellenspenderin. Hierfür ist nach der Vorschrift auch bei lediglich entsprechender Anwendung kein Raum.

Ob nach dem Recht der Vereinigten Staaten von Amerika bzw. des Staates Kalifornien, wo sich die Embryonen nach dem Vortrag des Antragstellers derzeit befinden, eine Feststellung der Vaterschaft bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt möglich wäre, braucht hier nicht geklärt zu werden, da eine Anwendung ausländischen Rechts in diesem Verfahren ausscheidet. Eine solche käme allenfalls in unmittelbarer oder analoger Anwendung des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Betracht, wonach die Abstammung eines Kinde...

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