Leitsatz (amtlich)

1. Sind die Bücher und Schriften nach Beendigung der Liquidation der Gesellschaft oder deren Erlöschen durch Löschung einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung zu geben und ist dieser durch das Gericht zu bestimmen, so kann das Gericht jeden zum Verwahrer bestimmen, der hierzu auch durch Gesellschaftsvertrag, Beschluss oder Einigung hätte bestimmt werden können.

2. Das gerichtliche Bestimmungsrecht ist lediglich nach allgemeinen Grundätzen dahin begrenzt, dass das Gericht nicht "sehenden Auges" einen handgreiflich ungeeigneten Verwahrer (hier offen bleibend im Falle eines zu befürchtenden Gebrauchs der aufzubewahrenden Unterlagen in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit einem früheren Geschäftsführer und einem früheren Mitgesellschafter) bestimmen darf.

 

Normenkette

GmbHG § 74 Abs. 2 S. 2; FamFG § 394

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Aktenzeichen HRB ...)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Geschäftswert: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die im Beschlusseingang bezeichnete Gesellschaft, deren Gesellschafter die Beteiligte zu 1 (40 %) und der Beteiligte zu 2 (60 %) waren und deren Geschäftsführer der Ehemann der Beteiligten zü 1, D. H., war, ist von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden.

Der Beteiligte zu 2 hat unter dem 06./9.11.2009 beantragt, ihn zum Verwahrer der Bücher und Schriften der Gesellschaft zu bestimmen sowie anzuordnen, dass der bis zur Amtslöschung bestellte Geschäftsführer D. H. diese Bücher und Schriften an ihn, den Beteiligten zu 2, herauszugeben hat.

Die Beteiligte zu 1 ist diesem Antrag entgegen getreten und hat ihrerseits beantragt, sie, hilfsweise ihren Ehemann, D. H., zum Verwahrer der Schriften und Bücher der Gesellschaft zu bestimmen, weil es dem Beteiligte zu 2 nicht um eine ordentliche Verwahrung der Unterlagen gehe, er vielmehr beabsichtige, sich aus den Büchern und Schriften einen persönlichen Vorteil für anhängige Gerichtsverfahren gegen sie und ihren Ehemann zu verschaffen.

Das Registergericht hat am 9.2.2010 unter Ablehnung des weiter gehenden Gesuchs des Beteiligten zu 2 diesen zum Verwahrer der Bücher und Schriften der Gesellschaft bestimmt, die Anträge der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, gem. § 74 Abs. 2 GrnbHG, der im Falle einer von Amts wegen gelöschten Gesellschaft entsprechend anzuwenden sei, sei in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses der Verwahrer der Bücher und Schriften durch das Gericht zu bestimmen. Es entspreche pflichtgemäßem Ermessen, den Beteiligten zu 1 als Antrag stellenden Mehrheitsgesellschafter zum Verwahrer zu bestimmen. Dadurch werde dem Umstand Rechnung getragen, dass im Falle eines Gesellschafterbeschlusses der Vorschlag des Mehrheitsgesellschafters auch ggü. dem Minderheitsvorschlag obsiegt haben würde. Hiernach sei den Anträgen der Beteiligten zu 1 als Minderheitsgesellschafterin nicht zu entsprechen sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1 mit am 10.3.2010 eingegangener Schrift Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, aufgrund eines bereits anhängigen Rechtsstreit bzw. mit Blick auf angekündigte weitere Rechtsstreitigkeiten des Beteiligten zu 2 gegen sie, die Beteiligte zu 1, und ihren Ehemann sei davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 2 ihnen Einsicht in die Bücher verweigern werde. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beteiligte zu 2 Dokumente aus den Unterlagen herausziehe, um diese für weitere Rechtsstreitigkeiten - ggf. sinnentstellend - zu benutzen. Sie, die Beteiligte zu 1, und ihr Ehemann hätten bereits ein "Strafverfahren wegen Betrugsverdacht und Urkundenfälschung" gegen den Beteiligten zu 2 "in die Wege geleitet".

Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.3.2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beteiligte zu 2 tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Die gem. §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 375 Nr. 6 FamFG, 74 Abs. 2 GmbHG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Nach Beendigung der Liquidation sind die Bücher und Schriften der Gesellschaft für die Dauer von 10 Jahren einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung zu geben (§ 74 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). In Ermanglung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Gesellschafterbeschlusses wird der Gesellschafter oder Dritte durch das Gericht bestimmt (§ 74 Abs. 2 Satz GmbHG). Die Vorschriften gelten auch für den Fall, dass die Gesellschaft durch Löschung (vgl. § 394 FamFG) ohne Liquidation erlischt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl. 2010 § 74 Rz. 27). Die Aufbewahrungspflicht ist Dokumentationspflicht. Die Aufbewahrung hat bei einem Gesellschafter oder bei einem Dritten stattzufinden. Da die Bestellung durch das Gericht lediglich die fehlende Bestimmung durch Gesellschaftsvertrag, Beschluss oder Einigung ersetzt (Sc...

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