Leitsatz (amtlich)

1. Macht ein Wohnungseigentümer unter Berufung auf fehlende Einberufungskompetenz des Verwaltungsbeirats die Unwirksamkeit eines von der Wohnungseigentümergemeinschaft gefassten Mehrheitsbeschlusses geltend, so muss er - falls sich dies nicht aus anderen Umständen ergibt - dartun, dass er der Eigentümerversammlung wegen des Einladungsmangels ferngeblieben ist.

2. Die Ermächtigung des Verwaltungsbeirats, den Verwaltervertrag "abzuschließen", kann wirksam mehrheitlich beschlossen werden, sofern durch die Unterschrift des Verwaltungsbeirats nicht ein von diesem ggü. dem Verwalter erzieltes Verhandlungsergebnis, sondern der vorangegangene Eigentümerbeschluss mit dem Inhalt eines vorliegenden Verwalterangebots bestätigt werden soll.

3. Die Beschlussfassung über den (AGB-)Verwaltervertrag widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn das Vertragswerk mehrere in ihrer Gesamtwürdigung bedeutsame Klauseln aufweist, die einer Inhaltskontrolle nicht standhalten (hier: Abbedingung des § 181 BGB; Unzulässige Haftungsbegrenzung durch Verkürzung des Beginns und der Dauer der Verjährung; Beauftragung von Sonderfachleuten; einschränkungslose Vergütungspflicht für die Einberufung und Durchführung mehr als einer Eigentümerversammlung pro Wirtschaftsjahr).

4. Dass die Beschlussfassung über den Verwaltervertrag ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, führt nicht dazu, dass der zuvor in Kenntnis des Vertragsinhalts gefasste Mehrheitsbeschluss über die Verwalterbestellung allein aus diesem Grunde auf Anfechtung für unwirksam zu erklären ist.

 

Normenkette

WEG § 24 Abs. 2; BGB § § 305 ff., § 307 Abs. 1, § 309 Nr. 7a

 

Verfahrensgang

AG Mönchengladbach (Aktenzeichen 17-II 78/04 WEG)

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 5 T 441/05)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise dahin geändert, dass der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 9.8.2004 zu TOP 3 (Bevollmächtigung des Beirates, für die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag abzuschließen) für ungültig erklärt wird.

Die gerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegner je zur Hälfte.

Außergerichtliche Kosten werden in allen drei Rechtszügen nicht erstattet.

Wert: bis 12.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage H. 64 in Mönchengladbach.

In der Eigentümerversammlung vom 13.2.2004 bestellte die Eigentümergemeinschaft die Beteiligte zu 3) zur Verwalterin und ermächtigte den Verwaltungsbeirat, mit dieser den Verwaltervertrag abzuschließen. Auf die Anfechtung dieser Beschlüsse durch den Beteiligten zu 1), der sich zuvor selbst mit Schreiben vom 25.1.2004 ggü. dem Beiratsvorsitzenden als Verwalter der Anlage beworben hatte, erklärte das AG Mönchengladbach - 17-II 17/04 WEG die vorgenannten Eigentümerbeschlüsse am 21.7.2004, rechtskräftig seit dem 10.8.2004, für ungültig, weil ein Verwaltervertrag mit der Firma S. GmbH & Co KG auf der Basis eines Angebots vom 13.2.2004 wegen der Bestimmungen M4 (Mindesthonorar für Gerichtsverfahren) und M6 (Sonderhonorar für aufwendige Instandsetzungen) nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche.

Mit Schreiben vom 27.6.2004 (richtig: 27.7.2004) lud der Verwaltungsbeirat ein zu einer Eigentümerversammlung am 9.8.2004 mit den Tagesordnungspunkten Wahl eines Versammlungsleiters, Wahl eines Verwalters, Bevollmächtigung des Beirates, für die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag abzuschließen, ein. In der Eigentümerversammlung vom 9.8.2004 fasste die Eigentümerversammlung folgende Mehrheitsbeschlüsse:

Top 1:

Als Versammlungsleiter wurde Herr F. gewählt.

TOP 2:

Die S. GmbH & Co. KG (...) ist hiermit ab dem 9.8.2004 für den gesetzlich zulässigen Zeitraum bis zum 31.12.2008 als Verwalter bestellt.

TOP 3:

Herr F. als Mitglied des Verwaltungsbeirates ist beauftragt und bevollmächtigt, den Verwaltungsvertrag mit Leistungskatalog für alle Miteigentümer abzuschließen, eine eventuelle Kündigung entgegenzunehmen bzw. im Vertragszeitraum zu ergänzen/anzupassen. Der Neuabschluss des Verwaltungsvertrages erfolgt auf der Basis des Verwaltungsangebots vom 27.7.2004.

Der Beteiligte zu 1) hat die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 9.8.2004 zu TOP 2 und 3 angefochten. Zur Begründung hat der Beteiligte zu 1) im Wesentlichen ausgeführt, es liege ein Einladungsmangel vor, da der Verwaltungsbeirat eingeladen habe. Darüber hinaus entspreche der Verwaltungsvertrag nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und sei daher insgesamt unwirksam. Daher seien auch die Verwalterbestellung und die Ermächtigung zum Abschluss des Verwaltervertrages anfechtbar.

Das AG hat nach mündlicher Verhandlung am 16.9.2005 die Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung vom 9.8.2004 zu TOP 2 und TOP 3 für unwirksam erklärt, da mehrere Regelungen in dem Verwaltervertrag den Beteiligten zu 1) unangemessen benachteiligen würden und daher die Bestellung der Beteiligten zu 3) zur Verwalterin und der Abschluss des Verwaltervertrages nicht or...

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