Leitsatz (amtlich)

1. Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung zu einer Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss dürfen nicht durch einen Vermerk und schlichte Verfügung, sondern müssen durch Beschluss ergehen, der den Parteien formlos mitzuteilen ist.

2. Ausnahmsweise müssen Umsatzsteuerbeträge bei der Kostenfestsetzung unberücksichtigt bleiben, wenn die Richtigkeit der Erklärung des Antragstellers zu fehlendem Vorsteuerabzug durch entsprechenden, vom Gegner zu erbringenden Beweis entkräftigt wird, oder sich deren offensichtliche Unrichtigkeit aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen, etwa dem Akteninhalt, ergibt.

 

Normenkette

ZPO § 104 Abs. 2 S. 3, § 572 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 24.08.2009; Aktenzeichen 13 O 74/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 13. Zivilkammer des LG Duisburg - Rechtspfleger - vom 24.8.2009 aufgehoben.

Dem LG - Rechtspfleger/-in - wird die anderweitige Kostenfestsetzung nach Maßgabe dieser Entscheidung übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Beschwerdewert: 241,91 EUR (80 % von 302,39)

 

Gründe

Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Rechtsirrtümlich hat der Rechtspfleger dem Beklagten die Festsetzung der Mehrwertsteuer zugebilligt.

1. Das Beschwerdegericht ist zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt. Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des LG gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern verfahrensfehlerhaft, als diese Entscheidung durch einen Vermerk und schlichte Verfügung vom 8.9.2009 getroffen worden ist. Dass nämlich die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung durch Beschluss zu ergehen hat, entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (KG KGReport Berlin 2008, 204; OLG Stuttgart MDR 2003 110 [111]; OLG Koblenz Rpfleger 1978, 104 [105] zur Nichtabhilfe und Vorlage nach § 11 RPflG a.F.; Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 572 Rz. 10; Zöller/Gummer, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rz. 10; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 572 Rz. 9). Der Nichtabhilfebeschluss ist den Parteien nach § 329 Abs. 2 S. 1 formlos mitzuteilen (Musielak/Ball, a.a.O.; MünchKomm/Lipp, a.a.O., Rz. 12).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Für sie spricht vor allem, dass bei sofortigen Beschwerden gegen Entscheidungen von Kollegialgerichten der gesamte Spruchkörper durch Beschluss über die Nichtabhilfe und Vorlage entscheiden soll, nicht aber etwa nur sein Vorsitzender durch Verfügung. Die Vorschrift des § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Nichtabhilfeverfahren je nach Zusammensetzung des Gerichts, das für die angefochtene Entscheidung zuständig ist - sei es als Kollegium, sei es als einzelner Richter oder Rechtspfleger tätig geworden -, unterschiedlich ausgestaltet ist. Außerdem ist es regelmäßig angemessen und für den weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens zweckmäßig, wenn dieses Gericht den Parteien Kenntnis von seiner Nichtabhilfe, d.h. insbesondere von den der Nichtabhilfe zugrunde liegenden Erwägungen, und von der Vorlage der sofortigen Beschwerde an das Beschwerdegericht gibt. Eine solche Kenntnisgabe ist im Falle des Erlasses eines Beschlusses, anders als bei einer schlichten Verfügung, eine natürliche verfahrensrechtliche Folge (so zutreffend KG, a.a.O.).

Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung. Die durch bloße Verfügung bewirkte Nichtabhilfe und Vorlage hat daher einen Devolutiveffekt und lässt das Beschwerdeverfahren beim Beschwerdegericht anhängig werden. Das Beschwerdegericht ist folglich auch bei mangelhaftem Abhilfeverfahren zur Entscheidung über die Beschwerde befugt (ebenso: OLG Stuttgart, a.a.O.; KG, a.a.O.; MünchKomm/Lipp, a.a.O., Rz. 14). Von seiner gleichwohl bestehenden Befugnis, die Sache an das Ausgangsgericht zur ordnungsgemäßen Bescheidung zurückzuverweisen (ebenso: OLG Stuttgart, a.a.O.; KG, a.a.O.; MünchKomm/Lipp, a.a.O.), macht der Senat hier keinen Gebrauch, sondern lediglich von der Möglichkeit, die Ausführung dieser Entscheidung dem LG - Rechtspfleger - gem. § 572 Abs. 3 ZPO zu übertragen.

2. Zu Recht wendet sich die Klägerin gegen den Ansatz der Mehrwertsteuer. Zwar genügt nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen grundsätzlich die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen könne. Er braucht seine Erklärung nicht glaubhaft zu machen oder sonst irgendwie zu bekräftigen (BGH NJW 2003, 1534; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rz. 13 "Umsatzsteuer"; Musielak/Wolst, a.a.O., § 104 Rz. 20). Die mit der Kostenfestsetzung befassten Organe haben die Richtigkeit der Erklärung im Verfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen, um dieses Verfahren nicht mit schwierigen Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechtes zu belasten (BVerfG NJW 1996, 382 [383]; BGH, a.a.O., KG JurBüro 2006, 373; OLG Düsseldorf, 5...

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