Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsvorbehalt hinsichtlich einer festgelegten Erbquote im Erbvertrag. Auslegung des Begriffes „Erbquote”. Enterbung. Schlusserbeneinsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Setzen Ehegatten in einem Erbvertrag ihre beiden Kinder wechselseitig bindend zu gleichen Teilen als Erben ein und soll andererseits der überlebende Ehegatte befugt sein, die Anordnung - insb. durch eine anderweitige Festlegung der Erbquoten - zu ändern, so enthält dies - ohne besondere Anhaltspunkte im Willen des Erblassers - nicht die Ermächtigung des letztversterbenden Ehegatten, die "Erbquote" eines der beiden Kinder auf null zu setzen.

2. Die - ohne die Feststellung dahin gehender Anhaltspunkte im Willen des Erblassers - getroffene Annahme der Tatsacheninstanz, die Änderungsbefugnis des überlebenden Ehegatten, enthalte auch die Ermächtigung, einen der Erben mit der "Quote" null zu bedenken, stellt sich als rechtsfehlerhafte, weil gegen den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßende, Auslegung der letztwilligen Verfügung dar.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2289 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 20.11.2006; Aktenzeichen 6 T 669/06)

AG Mettmann (Aktenzeichen 7 VI 399/06)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 20.11.2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung über die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und über die Erstattung der im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen außergerichtlichen Kosten an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Töchter der Erblasserin.

Sie hatte am 22.3.1980 mit ihrem früher verstorbenen Ehemann einen Erbvertrag errichtet, in dem der Überlebende die beiden Töchter zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hatte (Ziff. III).

Diese Anordnung war nach Ziff. VII. des Erbvertrages wechselseitig als vertragsmäßig bindend vereinbart.

Allerdings sollte der Überlebende nach Ziff. VII Abs. 2 befugt sein, diese Anordnung noch zu ändern, insb. durch eine anderweitige Festlegung der Erbquoten ..., soweit hierdurch einerseits nicht dritte Personen ... einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil erhielten und andererseits die in der Urkunde ebenfalls vorgesehene Zuwendung an die ersteheliche Tochter des Ehemannes - sie sollte 17 % des reinen Nachlasswertes als Barvermächtnis erhalten und zwar zu gleichmäßigen Lasten der Erben - nicht geschmälert würde (sofern die Ehefrau als Überlebende verfügte).

Unter dem 6.6.2006 errichtete die Erblasserin ein privatschriftliches Testament. Darin heißt es u.a., die Beteiligte zu 2 habe jetzt schon die Finanzierung in der Hand. Wenn die Erblasserin das Zeitliche gesegnet habe, solle die Beteiligte zu 2 das Haus und das Grundstück bekommen, und wenn die Beteiligte zu 1 wolle, bekomme sie den Pflichtteil ausgezahlt.

Die Beteiligte zu 1 hat einen gemeinschaftlichen Erbschein für sich und die Beteiligte zu 2 als Erben zu je ½ beantragt.

Sie hält das Testament vom 6.6.2006 für unwirksam. Sie bezweifelt, dass die Erblasserin es eigenhändig geschrieben und unterschrieben habe. Außerdem sei die Erblasserin nicht testierfähig gewesen.

Schließlich sei das Testament nicht durch den Änderungsvorbehalt im Erbvertrag gedeckt und daher unwirksam.

Die Beteiligte zu 2 hat unter Berufung auf das Testament vom 6.6.2006 einen Erbschein für sich als Alleinerbin beantragt.

Das AG hat mit Beschluss vom 19.9.2006 angekündigt, dass es beabsichtige, den Antrag der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen und dem Antrag der Beteiligten zu 1 zu entsprechen.

Ungeachtet der Fragen der Formwirksamkeit und der Testierfähigkeit sei die Erblasserin aufgrund des Erbvertrages gehindert gewesen, später abweichend zu testieren.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das LG diesen Vorbescheid aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen.

Das Testament der Erblasserin sei nicht deshalb unwirksam, weil es über den vertragsmäßig vereinbarten Änderungsvorbehalt hinaus gehe. Die Änderungsbefugnis schließe die Enterbung einer der beiden Töchter nicht aus. Daher komme es auf die Formwirksamkeit und die Testierfähigkeit an.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde.

Sie meint, die Auslegung des Testamentes durch das Beschwerdegericht verstoße gegen anerkannte Auslegungsregeln. Der Wortsinn der Formulierung "anderweitige Festlegung der Erbquoten" werde verkannt, wenn angenommen werde, davon sei auch eine Enterbung gedeckt.

Sie bittet darum, den angefochtenen Beschluss des LG zu ändern und die Beschwerde der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2 bittet um Zurückweisung der weiteren Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig, § 27 FGG. In der Sache führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht, weil die Entscheidung des Beschwerdegerichtes auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG beruht und weitere Ermittlungen erforderlich si...

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