Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltsgebühren für die Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer. Vergütungspflicht für eine Tätigkeit des Rechtsanwalts vor dem Vorliegen der Deckungszusage. Hinweispflichten des Rechtsanwalts auf Gebührenrisiken

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus dem Umfang einer standardisierten Formular-Vollmacht lässt sich nicht auf den Inhalt des Mandats schließen.

2. Hat sich der Mandant vereinbarungsgemäß selbst um die Deckungszusage eines Rechtsschutzversicherers zu bemühen, kann der Rechtsanwalt für die Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer Gebühren nur beanspruchen, wenn er sich ausdrücklich unter Hinweis auf auch insoweit entstehende Gebühren hat beauftragen lassen.

3. Der Rechtsanwalt darf, abgesehen von Eilfällen, erst dann tätig werden, wenn entweder die entsprechende Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers vorliegt oder der Mandant in Kenntnis seiner Verpflichtung, die Kosten selbst übernehmen zu müssen, eindeutig den Auftrag erteilt hat.

4. Lässt sich der Rechtsanwalt mit der Durchsetzung eines Schmerzensgeldanspruchs beauftragen, dessen Höhe frühere Rechtsprechungserkenntnisse deutlich übersteigt, hat er den Mandanten auch auf die damit verbundenen Gebührenrisiken hinzuweisen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 8 O 147/09)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der für den 29. Juni 2010 geplante Senatstermin findet nicht statt.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen und der Widerklage überwiegend stattgegeben. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung vom 8. Februar 2010 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

I.

Der klagenden Rechtsanwaltsgesellschaft steht aus ihrer anwaltlichen Tätigkeit für die Beklagte im Zusammenhang mit der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus ärztlicher Aufklärungspflichtverletzung kein über die bereits von der Beklagten geleistete Zahlung von EUR 1.196,42 hinausgehender Honoraranspruch zu. Die Klageabweisung erfolgte somit zu Recht.

1.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten zur Geltendmachung von Verdienstausfallschäden und einem Haushaltsführungsschaden nicht mandatiert worden war. Schon aus diesem Grund haben die dafür von der Klägerin angesetzten Beträge bei der Bemessung des für die anwaltliche Honorierung maßgebenden Gegenstandswerts außer Betracht zu bleiben.

a)

Unstreitig indes ist, dass zwischen den Parteien unter dem 18. Dezember 2008 ein Anwaltsdienstvertrag zustande gekommen ist. Die Klägerin hat mit einem Schreiben von diesem Tag das Angebot der Beklagten zum Abschluss eines solchen angenommen, nachdem die Beklagte ihr unter dem 16. Dezember 2008 eine unterzeichnete Vollmacht und die ebenfalls unterzeichneten Mandatsbedingungen der Klägerin übersandt hatte.

b)

Dieser Anwaltsdienstvertrag berechtigte die Klägerin aber nicht, nach eigenem Gutdünken und ohne Rücksprache und entsprechende Beauftragung durch die Beklagte zu agieren. Vielmehr muss der Rechtsanwalt innerhalb des erteilten Auftrags für den Mandanten tätig werden, wobei sich der Vertragsinhalt maßgebend nach den Vereinbarungen der Parteien richtet (vgl. BGH NJOZ 2004, 3624; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rn. 42 m.w.N., im Folgenden zitiert: "Zugehör, a.a.O., Rn…"). Deshalb - und dies verkennt die Klägerin - lässt sich grundsätzlich aus dem Umfang einer schriftlich erteilten Vollmacht (sofern dies - wie hier - auf dem standardisierten Formular des Rechtsanwalts beruht) kein Rückschluss auf den Inhalt des Mandats ziehen (vgl. Zugehör, a.a.O., Rn. 42).

aa)

Hier ist schon aus den unstreitigen Umständen zu folgern, dass der Klägerin bei der Auftragserteilung am 18. Dezember 2008 kein unbeschränktes Mandat erteilt worden war. Zu diesem Zeitpunkt war zwischen den Parteien nämlich noch kein persönlicher Kontakt in Form einer Besprechung erfolgt. Die Beklagte hat unwidersprochen und nachvollziehbar vorgetragen, dass ein solches Gespräch mit einhergehender Beratung für sie unabdingbar war, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Bis zu diesem Gespräch hatte die Beklagte lediglich einen von der Klägerin vorformulierten Fragebogen betreffend ärztliche Behandlungsfehler ausgefüllt. Dieser enthielt indes keine Angaben darüber, in welchem Umfang mögliche Ansprüche durch die Klägerin verfolgt werden sollten, sondern er diente lediglich der Aufklärung des Sachverhalts und der Information der Klägerin. Soweit die Klägerin bereits unter dem 18. Dezember 2008 eine umfängliche Haftungsanerkennung von Dr. H., St.-Krankenhaus forderte, konnte diese Tätigkeit nicht von einem etwaigen Mandat umfasst sein, denn der Beklagten war ein solches Vorgehen weder zuvor mitgeteilt worden noch war es mit ihr abgestimmt.

bb)

Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte d...

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