Verfahrensgang

Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Beschluss vom 12.08.2003; Aktenzeichen VK 22/03)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 12.8.2003 (VK 22/03 – B) wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz tragen die Beigeladene und die Antragsgegnerin jeweils zur Hälfte.

III. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren notwendig.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird für die Zeit bis zum 11.11.2003 auf 223.249 Euro (5 % von 4.464.987 Euro) festgesetzt. Davon entfällt auf die Beschwerde der Beigeladenen ein Teilbetrag von 74.416 Euro und auf die – zurückgenommene – Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ein Teilbetrag von 148.833 Euro.

Für die Zeit ab dem 12.11.2003 beläuft sich der Beschwerdewert auf 74.416 Euro.

 

Gründe

I. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, die Auswertung des in Rede stehenden Vergabeverfahrens nachvollziehbar zu dokumentieren sowie die Angebotswertung unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen weiterzuführen. Den Angebotsausschluss der Beigeladenen hat sie dabei auf die Erwägung gestützt, dass deren Angebot in Position 10.60.0002 des Leistungsverzeichnisses („Wirtschaftswegbrücke S.”) keinen wertbaren Preiseintrag enthalte und deshalb gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A 2. Abschn. zwingend von der Wertung auszuschließen sei. Zur näheren Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt: Zwar habe die Beigeladene durch die Eintragung „1 Euro” bei der betreffenden Leistungsposition formal betrachtet einen Preis ausgewiesen. Diese Preisangabe sei indes völlig unrealistisch und nicht wertbar. Das ergebe sich schon aus der Tatsache, dass die Leistungsposition von allen anderen Mitbewerbern um den Zuschlag mit Beträgen von rund 200.000 Euro veranschlagt worden sei. Aufgrund der unrealistischen Preisangabe sei das Angebot der Beigeladenen überdies einem Preisvergleich mit den konkurrierenden Angeboten der anderen Bieter entzogen. Für die Vergabestelle sei nicht zu erkennen, ob die Beigeladene die Kosten für die Errichtung der Wirtschaftswegbrücke (bewusst oder unbewusst) nicht einkalkuliert oder in andere Positionen des Leistungsverzeichnisses habe einfließen lassen. Im Ergebnis stehe die Eintragung „1 Euro” einer unterbliebenen Preisangabe gleich.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beigeladene gegen diesen Rechtsstandpunkt. Sie begehrt die Aufhebung des Vergabekammerbeschlusses insoweit, wie die Antragsgegnerin zum Ausschluss ihres (der Beigeladenen) Angebots verpflichtet worden ist. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderungsschrift darüber hinaus begehrt, dass der Beschluss der Vergabekammer insgesamt aufgehoben und der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin verworfen – hilfsweise: dass er zurückgewiesen – wird. Dieses Begehren hat sie im Verhandlungstermin des Senats fallen gelassen.

II. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg.

A. Der Rechtsbehelf der Beigeladenen ist zulässig. Es bestehen insb. keine Bedenken dagegen, dass die Beigeladene ihre sofortige Beschwerde auf die Überprüfung des zu ihren Lasten verfügten Angebotsausschlusses beschränkt hat. Gegenstand der Anfechtung ist ein selbständiger und quantitativ abgegrenzter Teil des Vergabekammerausspruchs zur Hauptsache.

B. Der Rechtsbehelf der Beigeladenen bleibt in der Sache aber erfolglos. Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin mit Recht aufgegeben, das Angebot der Beigeladenen bei der vorzunehmenden (neuen) Wertung außer Betracht zu lassen. Das Angebot der Beigeladenen ist gem. §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A 2. Abschn. auszuschließen.

1. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A 2. Abschn. sind (u.a.) Angebote, die den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A 2. Abschn. nicht genügen – d.h., die die Preise und die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten sonstigen Erklärungen nicht enthalten – von der Wertung auszuschließen. Nach der Rspr. des BGH (BGH NZBau 2003, 293 [295, 296]; VergabeR 2003, 558 [560]) handelt es sich um einen zwingenden Ausschlussgrund. Der Auftraggeber hat kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, sondern muss das betreffende Angebot aus der Wertung nehmen. Das gilt ohne Rücksicht darauf, dass § 21 Nr. 1 S. 3 VOB/A 2. Abschn. lediglich als Sollvorschrift formuliert ist. § 97 Abs. 1 und 2 GWB verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber zu einem transparenten und auf der Gleichbehandlung aller Bieter beruhenden Vergabeverfahren. Ein solches transparentes und auf Gleichbehandlung bedachtes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn ausschließlich solche Angebote gewertet werden, die in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht ve...

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