Leitsatz (amtlich)

1. Das Nachlassgericht hat im Abhilfeverfahren (hier: betreffend die Beschwerde gegen die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung einer Nachlasspflegschaft) nicht einen zur Zeit der Ausgangsentscheidung geltenden Sachverhalt unter Aussparung einer inzwischen eingetretenen neuen Entwicklung zu bewerten, sondern mit der Beschwerdebegründung vorgebrachte neue Tatsachen und Beweismittel (hier: inzwischen ergangener Senatsbeschluss, aus dem der Beschwerdeführer schließt, er stehe aufgrund eines handschriftlichen Testaments als Alleinerbe fest) in seine Überprüfung einzubeziehen.

2. Sieht sich das Nachlassgericht daran gehindert, eine Entwicklung zu berücksichtigen, weil es zu Unrecht davon ausgeht, dass es im Rahmen seiner Abhilfeentscheidung allein die Erbenstellung "zur Zeit, als der Beschluss erlassen worden ist", zu bewerten habe, die es für nicht eindeutig geklärt hält, so steht die Befassung mit dem aktuellen Sachstand aus, was die Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht eröffnet.

 

Normenkette

FamFG § 38 Abs. 3 S. 1, §§ 41, 68 Abs. 1 S. 1, § 69 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Grevenbroich (Aktenzeichen 6 VI 602/13)

 

Tenor

Die Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung des AG - Rechtspflegerin - vom 10.2.2014 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Nachlassgericht zurückgegeben.

 

Gründe

I. Das AG hat mit Beschluss vom 28.1.2014 Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 1 zum Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses bestellt, weil die Erben unbekannt bzw. die Erbenstellung noch nicht vollständig geklärt und sicherungsbedürftiger Nachlass vorhanden sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2, mit der er unter Berufung auf den Senatsbeschluss I-3 Wx 64/13 vom 14.1.2014 geltend macht, er sei aufgrund des handschriftlichen Testaments seiner Mutter vom 12.5.2009 Alleinerbe nach der Erblasserin geworden; der Erbe sei also bekannt und die Erbenstellung geklärt, weshalb es nicht der Nachlasspflegschaft bedürfe.

Das Nachlassgericht hat dem am 7.2.2014 eingegangenen Rechtsmittel durch Verfügung vom 10.2.2014 nicht abgeholfen, die Akten dem Senat vorgelegt und ausgeführt, bislang sei ein Erbschein nicht erteilt, so dass "die Erbenstellung zur Zeit, als der Beschluss erlassen worden ist, nicht eindeutig geklärt" gewesen sei; somit sei ein Nachlasspfleger zur Sicherung des Nachlasses zu bestellen, bis in der Hauptsache über den Erbscheinsantrag entschieden worden ist.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Der Senat gibt die Sache zur - erneuten - Durchführung des Abhilfeverfahrens in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG an das AG zurück, da dessen Verfahrensweise erhebliche rechtliche Fehler aufweist und den an ein Abhilfeverfahren zu stellenden Mindestanforderungen nicht genügt.

1. Die Entscheidung über die Abhilfe hat grundsätzlich durch Beschluss - und nicht wie hier durch Verfügung - zu erfolgen, § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG, der mit Gründen zu versehen und den Beteiligten bekannt zu geben ist (§§ 38, Abs. 3 Satz 1, 41 FamFG; OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 247; Keidel/Sternal, FamFG 18. Aufl. 2014, § 68 Rz. 12, 34 mit Nachweisen).

2. a) Das Nachlassgericht hat in seiner Verfügung eine wichtige Funktion des Abhilfeverfahrens verkannt. Das Gericht hat in diesem Stadium nicht einen zur Zeit der Ausgangsentscheidung geltenden Sachverhalt unter Aussparung einer inzwischen eingetretenen neuen Entwicklung zu bewerten, sondern neue Tatsachen in seine Überprüfung einzubeziehen. Hierbei ist das Nachlassgericht zu einer Selbstkorrektur seiner Entscheidung verpflichtet, wenn diese sich nach einer erneuten Prüfung als ungerechtfertigt erweist (Keidel/Sternal, a.a.O., Rz. 5). Eine Abhilfe kommt in Betracht, wenn das Gericht zu einer anderen Rechtsauffassung gelangt, z.B. infolge mit der Beschwerdebegründung vorgebrachter neuer Tatsachen und Beweismittel. Hier hat der Beschwerdeführer ausdrücklich auf den Senatsbeschluss - I-3 Wx 64/13 - vom 14.1.2014 Bezug genommen und hieraus den Schluss gezogen, er stehe aufgrund des handschriftlichen Testaments seiner Mutter vom 12.5.2009 als Alleinerbe fest.

Diese Entwicklung zu berücksichtigen hat sich das Nachlassgericht offenbar gehindert gesehen, weil es zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass es im Rahmen seiner Abhilfeentscheidung allein die Erbenstellung "zur Zeit, als der Beschluss erlassen worden ist", zu bewerten habe, die es als nicht eindeutig geklärt angesehen hat. Hiernach steht die Befassung mit dem aktuellen Sachstand aus; darauf, ob über den Erbscheinsantrag entschieden worden ist, kann es hierbei allein nicht ankommen.

b) Durch die aufgezeigte Verfahrensweise ist das AG seiner Pflicht zur Selbstkontrolle und Entlastung des Beschwerdegerichts im Abhilfeverfahren nicht nachgekommen.

Weist das Nichtabhilfeverfahren schwere Mängel auf, kann das Beschwerdegericht unter Aufhebung der Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung die Sache an das Er...

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