Leitsatz (amtlich)

1. Im Mahnverfahren lässt der Antrag auf Verweisung der Sache an das Streitgericht die volle Prozessgebühr für den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners entstehen.

2. Diese Gebühr ist erstattungsfähig, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht innerhalb angemessener Frist weiterbetrieben hat.

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 12.05.2003; Aktenzeichen 4 O 3/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Wuppertal – Rechtspflegerin – vom 12.5.2003 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 18.7.2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 434,48 Euro

 

Gründe

I. Auf Antrag der Klägerin hat das AG Hagen am 10.10.2001 einen Mahnbescheid gegen die Beklagten erlassen. Am 18.10.2001 haben die anwaltlich vertretenen Beklagten Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben. Davon ist die Klägerin benachrichtigt und zugleich zur Zahlung eines weiteren Gerichtskostenvorschusses für die Durchführung des str. Verfahrens aufgefordert worden.

Mit Schriftsatz vom 21.10.2002, der beim AG Hagen am 4.11.2002 eingegangen ist, haben die Rechtsanwälte der Beklagten Antrag auf Verweisung des Verfahrens an das AG Wuppertal als Streitgericht gestellt. Zugleich haben sie angekündigt, in der mündlichen Verhandlung Klageabweisung beantragen zu wollen. Nachdem das AG Hagen die Abgabe an das im Mahngesuch bezeichnete LG Wuppertal angekündigt hatte, hat das AG Hagen am 23.12.2002 die Abgabe des Rechtsstreites an das LG Wuppertal verfügt. Dort gingen die Akten am 3.1.2003 ein. Mit Telefax vom 16.1.2003 an das AG Hagen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Rücknahme des Antrages aus dem Mahnbescheid erklärt. Mit Schriftsatz vom 28.1.2003 hat er sodann beim LG Wuppertal die Klage zurückgenommen.

Auf Antrag der Beklagten hat das LG Wuppertal durch Beschluss vom 29.1.2003 der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Die von den Beklagten begehrte Festsetzung einer vollen Prozessgebühr nach dem Streitwert der Hauptsache hat die Rechtspflegerin vorgenommen. Dagegen richtet sich die Erinnerung/Beschwerde der Klägerin.

II. Die gem. §§ 11 RPflG, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Zu Recht hat das LG zu Gunsten der Beklagten eine volle Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO festgesetzt. Die Auffassung der Klägerin, die Beklagten könnten nur eine 3/10 Gebühr gem. § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO zur Festsetzung anmelden, ist unzutreffend.

Wie der Verweisungsantrag vom 21.10.2002 und die mit ihm verbundene Ankündigung des Klageabweisungsantrags zeigen, haben die Beklagten ihrem Rechtsanwalt einen unbedingten Prozessauftrag erteilt. Zugleich enthält der Verweisungsantrag den Antrag der Beklagten auf Durchführung des str. Verfahrens i.S.v. § 696 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dieser Antrag ist als Sachantrag i.S.v. § 32 Abs. 1 BRAGO anzusehen und lässt die volle Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entstehen (OLG München OLGReport München 1993, 31; OLG Jena v. 22.11.1999 – 5 W 594/99, OLGReport Jena 2000, 186; Gebauer/Schneider, BRAGO, § 43 Rz. 18; Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 43 Rz. 16; ebenso für den bereits mit dem Widerspruch verbundenen Abweisungsantrag OLG Düsseldorf JB 1992, 470; OLGReport Düsseldorf 1993, 329).

Von der Entstehung der Prozessgebühr ist allerdings deren Erstattungsfähigkeit nach § 91 Abs. 1 ZPO zu trennen. Grundsätzlich sind nur die notwendigen Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Die im Mahnverfahren in Anspruch genommene Partei ist wegen des Gebots sparsamer Prozessführung gehalten, ihre Rechtsverteidigung zunächst auf die Erhebung des Widerspruchs zu beschränken. Diese Beschränkung entfällt erst mit Beginn des Streitverfahrens. Ob im Hinblick auf den angekündigten Abweisungsantrag die Festsetzung der Prozessgebühr hier schon deshalb rechtens ist, weil mit Eingang der Akten beim LG am 3.1.2003 das Mahnverfahren beendet und damit das Streitverfahren anhängig war (vgl. OLG Düsseldorf JB 1992, 470 m.w.N.), bedarf hier keiner Entscheidung.

Denn die Rechtspflegerin hat wegen des von den Beklagten gestellten Verweisungsantrags richtig entschieden. Es ist allerdings anerkannt, dass die damit entstandene Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO nicht zu erstatten ist, wenn der Gläubiger zuvor einen entspr. Antrag gestellt hatte. Denn dann war der Verweisungsantrag des Schuldners eine überflüssige Maßnahme (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1975, 70; OLG München OLGReport München 1993, 31; Gebauer/Schneider, BRAGO, § 43 Rz. 19). Das ist hier jedoch nicht anzunehmen.

Denn die Wahrnehmung des Antragsrechts nach § 696 Abs. 1 S. 1 ZPO durch die Beklagten stellt eine den Prozess fördernde Maßnahme dar. Die Klägerin hat nämlich einen Antrag auf Durchführung des str. Verfahrens nicht gestellt. Zudem haben die Beklagten ihren Antrag nicht schon mit dem Widerspruch verbunden, was im Hinblick auf das Gebot der Sparsamkeit als übereilte Prozesshandlung bewertet werden...

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