Leitsatz (amtlich)

Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Amts wegen nach Anbringung eines Rechtsmittels, das zwar fristgerecht, aber bei dem unzuständigen Gericht erfolgt.

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach

 

Tenor

Die Antrag wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt. Darüber hinaus hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung verhängt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht das Urteil teilweise abgeändert und den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis, der Entzug des Führerscheins und die Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis wurden aufrechterhalten.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte rechtzeitig Revision eingelegt und nach am 28. November 2001 erfolgter Zustellung der Urteilsausfertigung durch Schrift seines Verteidigers vom 28. Dezember 2001 begründet. Die Revisionsrechtfertigung war an das Oberlandesgericht Düsseldorf adressiert und traf dort durch Telefax am Freitag, den 28. Dezember 2001, ein. Am 9. Januar 2002 leitete die Geschäftsstelle des 2. Strafsenats den Schriftsatz an das Landgericht weiter, bei dem er am 10. Januar 2002 einging.

Durch angefochtenen Beschluss verwarf das Landgericht die Revision als unzulässig. Hiergegen hat der Angeklagte Entscheidung des Revisionsgerichts beantragt.

II.

1.

Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Revision zu Recht gemäß § 346 Abs. 1 StPO verworfen, da die Revisionsanträge und ihre Begründung nicht rechtzeitig eingegangen sind. Die Revisionsrechtfertigung hätte zur Wahrung der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 S. 1 StPO bis zum 28. Dezember 2001 bei dem Landgericht eingehen müssen. Tatsächlich traf der Schriftsatz dort erst am 10. Januar 2002 und damit verspätet ein, nachdem er zunächst innerhalb der Frist bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangen war.

2.

Der Senat sieht keinen Anlass, dem Angeklagten von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 45 Abs. 2 S. 3 StPO) zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hätte sich ein etwaiges Verschulden des Angeklagten oder seines Bevollmächtigten an der Fristversäumung zwar nicht mehr ausgewirkt, wenn der fristgebundene Schriftsatz so rechtzeitig bei dem Oberlandesgericht eingegangen wäre, dass eine fristgerechte Weiterleitung an das zuständige Gericht im ordentlichen Geschäftsgang zu erwarten gewesen wäre (BVerfG NJW 1995, 3173; zu der Problematik ferner: OLG Naumburg NStZ-RR 2001, 272 f; KG, Beschluss vom 25. Juni 2001 - 5 Ws 320/01 - und Beschluss vom 16. Februar 2000 - 5 Ws 112/00 -; OLG Düsseldorf (1. Senat) NStZ 1999, 147). Hier lässt sich ein zur Fristversäumung führendes amtliches Verschulden an der Weiterleitung der Revisionsbegründung aber nicht feststellen. Der Schriftsatz ging per Telefax am letzten Tag der Begründungsfrist - einem Freitag - nach 13. 00 Uhr ein. Er wurde in der Faxeingangsstelle des Oberlandesgerichts - wie üblich - durch einen Justizwachtmeister entgegengenommen. Auf dem Schriftstück findet sich weder ein Hinweis auf eine besondere Eilbedürftigkeit, ggf. verbunden mit der Bitte um die sofortige Vorlage, noch wird das Ende der Revisionsbegründungsfrist mitgeteilt. Damit musste sich dem Justizbeamten nicht der Eindruck aufdrängen, er müsse das Telefax der - von ihm noch zu ermittelnden - zuständigen Geschäftsstelle besonders zügig zuleiten. Anders als von den Bediensteten der mit Strafsachen befassten Geschäftsstellen konnte von dem den Faxeingang betreuenden Wachtmeister nicht erwartet werden, ohne besondere Hinweise zu erkennen, dass der Schriftsatz bei einem unzuständigen Gericht eingegangen war und eilige Maßnahmen zur Weiterleitung erforderte. Mit einer Weiterleitung der Revisionsbegründung konnte somit frühestens nach Eingang des Telefaxes auf der Geschäftsstelle, der üblicherweise am nächsten Werktag erfolgt, und damit nach Fristablauf, gerechnet werden.

Ob dem Angeklagten nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Denn ein solcher Antrag ist bisher nicht angebracht worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2572759

NStZ-RR 2002, 216

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