Verfahrensgang

AG Kleve (Aktenzeichen 5 F 79/21)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 29.10.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Kleve vom 29.09.2021 (5 F 79/21) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung der Antragstellerin für das von ihr beabsichtigte Scheidungsverfahren die beantragte Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung verweigert, die Antragstellerin sei nicht bedürftig im Sinne von § 115 ZPO .V.m. § 76 Abs. 1FamFG / i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG. Es hat darauf abgestellt, die Antragstellerin sei in der Lage, die Kosten der Verfahrensführung aus dem Einkommen oder dem Vermögen zu bestreiten. Zur weiteren Begründung hat das Amtsgericht angeführt, die Antragstellerin habe in Kenntnis der Notwendigkeit eines Scheidungsverfahrens aus der Auflösung einer Lebensversicherung einen Betrag in Höhe von 11.00,- EUR, den zur zunächst zur Deckung der Verfahrenskosten hätte einsetzten müssen. Es sei nicht erkennbar, dass dieser zum Lebensunterhalt verbraucht worden sei, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin selbst im Verfahren 5 F 133/20 angegeben habe, hiervon einen PKW im Wert von 8.000,- EUR angeschafft zu haben, obwohl ihr ein solcher bereits zur Verfügung gestanden habe.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin in der Schrift vom 17.11.2021 zur Begründung der gegen die Verfahrenskostenhilfeverweigerung eingelegten sofortigen Beschwerde, hat das Amtsgericht in der Nichtabhilfeentscheidung vom 06.12.2021 ausgeführt, das Vorbringen der Antragstellerin, sie habe den Betrag aus der Lebensversicherung zur Deckung ihres eigenen Unterhalts verbraucht, treffe vor dem Hintergrund ihrer eigenen Aussage, mit dem Erlös aus der Lebensversicherung einen PKW angeschafft zu haben, nicht zu. Die Anschaffung sei jedoch überflüssig gewesen, da ihr ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Auch habe sie ein Fahrzeug nicht benötigt, soweit sie keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei.

Die Angriffe der sofortigen Beschwerde im Rahmen der Begründung des Rechtsmittels wie im weiteren Schriftsatz vom 28.02.2022 geben im Ergebnis keinen Anlass, von der Rechtsauffassung des Amtsgerichts im Hinblick auf die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erforderliche Bedürftigkeit zugunsten der Antragstellerin abzuweichen. Auszugehen ist von folgenden rechtlichen Grundlagen:

Zutreffend und von der sofortigen Beschwerde auch nicht in Abrede gestellt ist, dass die Antragstellerin in dem durch die Auflösung einer Lebensversicherung einen Betrag von ca. 11.000,- EUR erlangt hat, wie sie in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2021 in dem Verfahren 5 F 133/20 eingeräumt hat. Dieser Betrag musste, soweit er das durch §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII iVm § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (BGBl. 2017 I S. 519) festgelegte Schonvermögen von (jetzt) 5.000 EUR an kleineren Barbeträgen oder sonstigen Geldwerten übersteigt, als zwischenzeitlich erworbenes Vermögen grundsätzlich zur Bestreitung der Kosten des Scheidungsverfahrens, mit dem die Antragstellerin rechnen musste, zurückgelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1998 - XII ZB 117/98 - FamRZ 1999, 644; Beschluss vom 20. Juni 2018 - XII ZB 636/17 -, juris Rn. 6ff).

Obgleich der durch die Auflösung der Lebensversicherung eingenommene Betrag von 11.000,- EUR nach der Darstellung der Antragstellerin nicht mehr vorhanden ist, muss ihn sich die Antragstellerin als fiktives Vermögen zurechnen lassen, soweit sie ihre Leistungsunfähigkeit durch Vermögen aufzehrende Ausgaben böswillig herbeigeführt hat.

Sind nämlich Rechtsverfolgungskosten absehbar, darf vorhandenes Vermögen nicht mehr leichtfertig für nicht unbedingt notwendige Zwecke ausgegeben werden. Geschieht dies gleichwohl, muss sich der Antragsteller nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die ausgegebene Summe als fiktives Vermögen anrechnen lassen und kann sich insoweit auch nicht mehr auf den Schonbetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII berufen (vgl. BGH Beschlüsse vom 25. November 1998 - XII ZB 117/98 - FamRZ 1999, 644 und vom 30. September 2009 - XII ZB 135/07 - FamRZ 2009, 1994 Rn. 11; BGH Beschluss vom 21. September 2006 - IX ZB 305/05 - NJW-RR 2007, 628 Rn. 7; Beschluss vom 20. Juni 2018 - XII ZB 636/17 -, juris Rn. 10).

Dies steht im Einklang mit dem sozialhilferechtlichen Grundsatz, dass zum Ersatz der Sozialhilfeleistungen verpflichtet ist, wer die Voraussetzungen für deren Gewährung durch vorsätzliches oder grobfahrlässiges Verhalten herbeigeführt hat (§ 103 Abs. 1 SGB XII; vgl. Beschluss vom 20. Juni 2018 - XII ZB 636/17 -, juris Rn. 10; OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 799; MünchKommZPO/Wache 5. Aufl. § 115 Rn. 61). Nach dem Rechtsgedanken dieser Vorschrift ist Sozialwidrigkeit anzunehmen, wenn das maßgebliche Verhalten eine ersatzlose Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus Steuermitteln als unbillig ersch...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge