Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung oder Verrechnung - keine Anwendung der Differenztheorie bei Ersatzvornahmekosten

 

Leitsatz (amtlich)

Verteidigt sich der Beklagte ggü. der Werklohnklage, indem er Ersatzvornahmekosten geltend macht, so handelt es sich um eine Aufrechnung.

Es besteht keine überzeugende dogmatische Rechtfertigung dafür, (auch) den Kostenerstattungsanspruch nach § 633 Abs. 3 BGB a.F. bzw. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B als bloßen Verrechnungsposten im Rahmen einer Gesamtabrechnung einzustellen.

 

Normenkette

VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2; BGB §§ 242, 387, 633 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 03.03.2004; Aktenzeichen 41 205/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 8.6.2004 gegen die Streitwertfestsetzung durch die 11. Kammer für Handelssachen im Urt. v. 3.3.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit ihrer Klage Werklohn aus einer Hauptrechnung und mehreren Nachtragsrechnungen i.H.v. insgesamt 16.837 DM = 8.606,62 EUR verlangt. Die Beklagte hat die Berechtigung der Klageforderungen bestritten und eingewandt, auf Grund der von ihr auf die Hauptforderung geleisteten Abschlagszahlungen sei bereits eine Überzahlung i.H.v. 4.641,73 DM eingetreten; mit dem ihr deshalb angeblich zustehenden Rückzahlungsanspruch hat sie hilfsweise die Aufrechnung ggü. den weiter gehenden Klageforderungen erklärt. Sie hat des Weiteren hilfsweise gegen die Klageforderungen mit einem Anspruch auf Zahlung von Ersatzvornahmekosten i.H.v. insgesamt 18.840,20 DM = 9.632,84 EUR aufgerechnet. Die Kammer (Kammer für Handelssachen) hat die Beklagte unter Abweisung der weiter gehenden Klage zur Zahlung von 2.379,11 EUR (= 4.635,15 DM) verurteilt. Es hat einen Restwerklohnanspruch lediglich i.H.v. 1.844,40 DM aus dem Hauptvertrag, sowie i.H.v. 2.808,75 DM aus der Nachtragsrechnung vom 10.5.2000 bejaht. Den hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Anspruch auf Rückzahlung der behaupteten Überzahlung i.H.v. 4.641,73 DM hat die Kammer ebenso als unbegründet angesehen wie den mit der weiteren Hilfsaufrechnung geltend gemachten Anspruch auf Kostenerstattung i.H.v. 18.840,20 DM. Den Streitwert hat die Kammer unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 3 GKG auf 26.143,30 DM = 13.366,85 EUR festgesetzt. Gegen diese Kostenfestsetzung wendet sich die Beklagte mit ihrer Streitwertbeschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, bei den wechselseitig geltend gemachten Ansprüchen handele es sich um unselbständige Verrechnungsposten, damit nicht um eine Aufrechnung i.S.v. § 19 Abs. 3 GKG. Die Kammer hat der sofortigen Beschwerde mit Beschl. v. 18.8.2004 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, die Beschwerde sei bereits unzulässig, da im Falle einer Änderung des Streitwerts in dem von der Beklagten erstrebten Sinne zugleich die Kostenentscheidung in ihren Grundlagen berührt und unrichtig würde, was deren Rechtskraft und § 99 ZPO unterlaufen würde.

II. Die nach § 25 Abs. 3 GKG a.F. zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das LG hat den Streitwert zutreffend auf der Basis des § 19 Abs. 3 GKG a.F. mit 26.143,30 DM = 13.366,85 EUR festgesetzt.

1. Für die Entscheidung der Streitwertbeschwerde nach § 25 Abs. 3 GKG a.F. ist nicht der Einzelrichter gem. § 568 ZPO, sondern der Senat als Kollegialgericht zuständig, da § 568 ZPO nicht für Entscheidungen der Kammer für Handelssachen, sondern nur bei Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen gilt (Musielak, ZPO, 4. Aufl., 2005, § 568 Rz. 2).

2. Der Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde nach § 25 Abs. 3 GKG a.F. steht nicht der von der Kammer in der Nichtabhilfeentscheidung vom 18.8.2004 herangezogene Grundsatz entgegen, dass es infolge einer nachträglichen Streitwertänderung nicht zu einer materiellen Unrichtigkeit der Kostenentscheidung in einem rechtskräftigen Urteil kommen darf (BGH MDR 1977, 925). Nach der von der Kammer herangezogenen Entscheidung des OLG Düsseldorf, 9. Zivilsenat, vom 10.6.1992,(OLG Düsseldorf v. 10.6.1992 - 9 W 52/92, OLGReport Düsseldorf 1992, 278 = NJW-RR 1992, 1532) kann eine solche Folge hingenommen werden, wenn der Streitwert nachträglich ermäßigt wird; denn eine Ermäßigung des Gebührenstreitwertes führt i.E. - absolut gesehen - zu einer Verminderung der Kostenbelastung für jede der Prozessparteien, mag sich auch das der Kostenentscheidung zugrunde gelegte Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens dadurch mit der Folge eines relativen Nachteils für eine Prozesspartei verschoben haben. Hier zielt das Begehren der Beklagten auf eine solche Verringerung des Streitwerts.

3. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, so dass es bei der landgerichtlichen Streitwertfestsetzung zu verbleiben hat.

Nach § 19 Abs. 3 GKG a.F. führt die hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten mit einer bestrittenen Gegenforderung zu einer Erhöhung des Streitwerts um den Wert der Gegenforderung, wenn eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

Die von der Beklagten hilfsweise zur Au...

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