Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Ersetzen einer Tapete im Treppenhaus als modernisierende Instandsetzung

 

Verfahrensgang

AG Wuppertal (Aktenzeichen 98 UR II 24/92 WEG)

LG Wuppertal (Aktenzeichen 6 T 303/93)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des dritten Rechtszuges tragen die Beteiligten zu 1.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000,– DM.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. bis 4. sind die Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage F. in W..

Am 27. Januar 1992 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Mehrheit gegen die Stimmen der Beteiligten zu 1., das Treppenhaus zu renovieren und dabei die Wandflächen mit Glasfasertapete zu bekleben und zu überstreichen.

Mit ihrem am 26. Februar 1992 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag haben die Beteiligten zu 1. begehrt, den Beschluß zu TOP 5 a hinsichtlich der Renovierung des Treppenhauses unter Aufbringung einer Glasfasertapete für ungültig zu erklären. Sie haben die Auffassung vertreten, bei der beabsichtigten Renovierung handele es sich um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, die nur einstimmig habe beschlossen werden können. Hinzu komme, daß durch die Aufbringung eines nicht mehr ablösbaren Klebers, der zudem nicht luftdurchlässig sei, bleibende Schäden im Treppenhaus hervorgerufen werden würden.

Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Gutachtens und Anhörung des Sachverständigen O. in der mündlichen Verhandlung den Beschluß der Eigentümerversammlung vom 27. Januar 1992 hinsichtlich Tagesordnungspunkt Nr. 5 a insoweit für ungültig erklärt, als dadurch der Antrag zur Renovierung des Treppenhauses mit einer Glasfasertapete angenommen worden ist.

Die Beteiligten zu 3. haben gegen den amtsgerichtlichen Beschluß sofortige Beschwerde eingelegt und vorgetragen, bei der geplanten Renovierung des Treppenhauses handele es sich nicht um eine bauliche Veränderung, sondern lediglich um eine modernisierende Instandsetzung.

Das Landgericht hat die Sache „zur mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten” dem Berichterstatter als beauftragten Richter übertragen. Dieser hat die Sache mit den Beteiligten bzw. ihren Bevollmächtigten erörtert und war um eine gütliche Einigung bemüht, die aber nicht zustande kam.

Mit Beschluß vom 9. Juni 1993 hat das Landgericht auf die sofortige Beschwerde die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Antrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1. haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie vertreten weiter die Auffassung, bei der beschlossenen Maßnahme zur Renovierung des Treppenhauses handele es sich um eine bauliche Veränderung, die nur „einstimmig” beschlossen werden könne.

Die Beteiligten zu 3. sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 22 Abs. 1 FGG), sachlich aber nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Verfahren des Landgerichts ist allerdings fehlerhaft, denn das Landgericht hat mit den Beteiligten nicht mündlich verhandelt. Gemäß § 44 Abs. 1 WEG soll der Richter mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und dabei auf eine gütliche Einigung hinwirken. Diese auch der Sachaufklärung (§ 12 FGG) dienende Vorschrift ist grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren zu beachten. Die mündliche Verhandlung muß dabei in öffentlicher Sitzung vor der voll besetzten Kammer stattfinden, von ihr darf nur in besonderen Fällen abgesehen werden. Wird ein solcher Ausnahmefall angenommen, so muß dies in der Begründung der Entscheidung dargelegt werden (vgl. dazu BayObLG in NJW-RR 1988, 1151, 1152; WE 1989, 67; 1991, 197; 1993, 349, 350).

Dies hat das Landgericht nicht beachtet. Daß das Landgericht die mündliche Verhandlung mit den Beteiligten dem Berichterstatter als beauftragtem Richter übertragen und diese auch mit den Beteiligten mündlich verhandelt hat, kann die notwendige mündliche Verhandlung vor der voll besetzten Kammer nicht einsetzen.

Weder das FGG noch die ZPO enthalten eine Vorschrift, nach der die mündliche Verhandlung von einem beauftragten Richter durchgeführt werden kann. Lediglich zur Durchführung einer Beweisaufnahme oder zur Erörterung der Sache mit den Parteien oder Beteiligten darf die Sache an den beauftragten oder ersuchten Richter übertragen werden. DA die Kammer davon ausging, die mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter genüge den Anforderungen des § 44 WEG, stellte sich für sie nicht die Frage, ob hier von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

Im vorliegenden Fall bedurfte es aber nicht der Aufhebung der Entscheidung und der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf dem festgestellten Verfahrensfehler. Es kann nämlich ausgeschlossen werden, daß sie im Fall einer ordnungsgemäßen mündlichen Verhandlung...

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