Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Eignung der Beweismittel i.S. von § 359 Nr. 5 StPO

 

Leitsatz (redaktionell)

Beruht eine strafrechtliche Verurteilung unter anderem auf einem Geständnis des Verurteilten, so hat er im Falle der Wiederaufnahme einleuchtend und nachvollziehbar darzulegen, weshalb er in der Hauptverhandlung der Wahrheit zuwider die ihm vorgeworfene Straftat eingeräumt hat.

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Verurteilen verworfen.

 

Gründe

I.

Das Landgericht hat den Wiederaufnahmeantrag zutreffend als unzulässig betrachtet.

1.

Das auf § 359 Nr. 5 StPO gestützte Wiederaufnahmebegehren ist erfolglos, weil die vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel nicht geeignet sind, die Freisprechung des Verurteilten zu begründen (§§ 359 Nr. 5, 366, 368 StPO).

An den Inhalt eines Wiederaufnahmevorbringens sind nach ständiger Rechtsprechung strenge Anforderungen zu stellen. Die beigebrachten neuen Tatsachen oder Beweismittel müssen nach der gesetzlichen Regelung in § 359 Nr. 5 StPO geeignet sein, den Schuldspruch zu erschüttern oder der angeordneten Anwendung des strengen Gesetzes den Boden zu entziehen. Die neuen Tatsachen oder Beweismittel müssen demgemäß durchgreifende ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Verurteilung in tatsächlicher Hinsicht zu begründen imstande sein. Nur soweit eine gedankliche Einfügung der als richtig unterstellten und bewerteten Tatsachen in die Urteilsgründe die den Schuldspruch tragenden Feststellungen ernstlich erschüttert, kommt eine Wiederaufnahme in Betracht.

Bei der Eignungsprüfung im Rahmen der §§ 359 Nr. 5, 368 Abs. 1 StPO müssen Tatsachen nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden.

Es handelt sich um eine Wahrscheinlichkeitsprognose, die nach Wertungsgesichtspunkten zu treffen und bei der im Wege einer hypothetischen Schlüssigkeitsprüfung unter Beurteilung der Zuverlässigkeit des Beweismittels und Vorwegwürdigung seines Beweiswerts zu fragen ist, ob das Urteil bei der Berücksichtigung der neuen Tatsachen und Beweise anders ausgefallen wäre. Ein Wiederaufnahmevorbringen ist indessen nur dann erheblich, wenn aufgrund der neuen Tatsachen und Beweise eine vernünftige Aussicht dafür besteht, dass die den Schuldspruch tragenden Feststellungen folgerichtig erschüttert werden. Dies muss zwar nicht unabdingbar sicher, aber zumindest genügend wahrscheinlich sein. Davon ist nur dann auszugehen, wenn ernste Gründe für die Beseitigung des Urteils sprechen. In diesem Rahmen ist eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung in gewissem Umfang und gewissen Grenzen zulässig und geboten, und es kann auch schon geprüft werden, ob eine zu unterstellende Aussage glaubhaft ist.

Ein Wiederaufnahmegesuch ist auch dann unzulässig, wenn die erstrebte Beweiserhebung nach dem bisherigen Erkenntnisstand als nicht erfolgversprechend oder nutzlos erscheint und das Ausgangsurteil dadurch offensichtlich nicht zu erschüttern ist. Denn das geltende Wiederaufnahmerecht verlangt nach Sinn und Zweck des zweigeteilten Verfahrens (§§ 368, 370 StPO) bewusst eine nicht nur abstrakte Eignungsfeststellung bezüglich des Beweismittels schon im Zulassungsverfahren, um den Gerichten aus Gründen der Prozessökonomie eine Prüfung der Begründetheit bei offenkundig erfolglosen Wiederaufnahmeanträgen zu ersparen. Daher rechtfertigen nur solche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die nicht nur theoretisch-abstrakt, sondern konkret und vernünftig sind, die Zulassung eines Wiederaufnahmeantrags (vgl. OLG Düsseldorf, 3. Strafsenat, OLGSt Nr. 4 zu § 359 StPO; JMBl NW 1990, 46 f mwN).

Auch die Darlegungslast zu neuen Tatsachen oder neuen Beweismitteln unterliegt strengen Anforderungen. Ein Antrag ist unzulässig, wenn nur Vermutungen geäußert oder nur Schlussfolgerungen mitgeteilt werden.

Den Verurteilten trifft insbesondere eine erweiterte Darlegungspflicht, wenn er ein in dem früheren Verfahren abgegebenes Geständnis widerruft. Der Antragsteller muss verständlich, einleuchtend und nachvollziehbar ausführen, weshalb er in der Hauptverhandlung der Wahrheit zuwider die ihm vorgeworfene Straftat eingeräumt hat und aus welchen Gründen und unter welchen Umständen er im Nachhinein seine Angaben für unrichtig erklärt. Es bedarf insbesondere der plausiblen Darlegung eines nach der Sachlage schlüssigen und naheliegenden Motivs für das behauptete falsche Geständnis (vgl. BGH NJW 1977, 59 mwN; OLG Düsseldorf, 5. Strafsenat, GA 1980, 393, 395; OLG Hamm NStZ 1981, 155 mwN; KG JR 1975, 166 mwN; OLG Celle JR 1967, 150; OLG Köln NStZ 1991, 96; NJW 1963, 967, 968).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien das Wiederaufnahmebegehren des Beschwerdeführers unzulässig.

Der Antrag enthält zumindest keine ausreichenden Beweismittel für die vom Beschwerdeführer behaupteten Vorgänge in der Hauptverhandlung. Auch hat der Antragsteller auch nichts zu dem weiteren in diesem Zusammenhang bedeutsamen Umstand des erklärten Rechtsmittelverzichts dargelegt. Da der Antragsteller schon nicht seiner erweiterten Dar...

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