Leitsatz (amtlich)

1. Fehlt bei Änderungen in einer notariellen Urkunde (hier: Erbvertrag) ein Vermerk oder die Unterschrift des Notars, so beeinträchtigt dies die Wirksamkeit der Beurkundung nicht.

2. In diesem Sinne fehlerhafte Änderungen werden nicht von der Beweiskraft der Urkunde erfasst, deren Inhalt in diesem Falle insgesamt frei zu würdigen ist.

 

Normenkette

ZPO § 415 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Grevenbroich (Beschluss vom 31.01.2013; Aktenzeichen 6 VI 467/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 20.3.2013 gegen den Beschluss des AG Grevenbroich vom 31.1.2013 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) und 2) trägt die Beteiligte zu 3).

Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: bis zu 120.000 EUR (1/3 des geschätzten Nettonachlasswertes)

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) sind die Enkelkinder des Erblassers, die Beteiligte zu 3) ist seine Schwägerin.

Der Erblasser hatte mit seiner vorverstorbenen Ehefrau am 11.10.1984 einen notariellen Erbvertrag geschlossen.

Darin hatten sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Als Erben des Längstlebenden hatten sie ihren einzigen, damals 14-jährigen Sohn S. eingesetzt und bestimmt, dass dessen Abkömmlinge nach dem Verhälntnis der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle treten sollten, falls er vor dem Tode des Längstlebenden als Erbe wegfallen sollte.

Die weiter in dem Erbvertrag enthaltene Pflichtteilsstrafklausel lautete ursprünglich:

"Sollte einer unserer Abkömmlinge beim Tode des Erstversterbenden von uns den Pflichtteil fordern oder pflichtteilsähnliche Ansprüche irgendwelcher Art geltend machen, so soll er auch vom Längstlebenden von uns nur den Pflichtteil erhalten. Der Längstlebende von uns ist in diesem Fall in der Verfügung über seinen Nachlass vollständig und endgültig frei."

Sie ist in der Notarurkunde handschriftlich wie folgt geändert:

"Sollte (einer) lies unser (Abkömmlinge) lies Sohn S. beim Tode des Erstversterbenden von uns den Pflichtteil fordern oder pflichtteilsähnliche Ansprüche irgendwelcher Art geltend machen, so soll er auch vom Längstlebenden von uns nur den Pflichtteil erhalten. Der Längstlebende von uns ist in diesem Fall in der Verfügung über seinen Nachlass vollständig und endgültig frei."

S. starb 2006 und hinterließ eine Lebensgefährtin und zwei Kinder, die Beteiligten zu 1) und 2). Seine Mutter/die Ehefrau des Erblassers starb am 11.9.2007.

Die Lebensgefährtin des Sohnes S. machte nach dem Tode von dessen Mutter für die Beteiligten zu 1) und 2) Pflichtteilsansprüche geltend. Nach deren Abwicklung testierte der Erblasser am 30.12.2007 handschriftlich, sein Nachlass werde zu gleichen Teilen unter den Beteiligten zu 1) bis 3) aufgeteilt.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben gestützt auf den Erbvertrag einen Erbschein als Erben nach dem Erblasser zu je ½ beantragt.

Die Beteiligte zu 3) ist dem unter Berufung auf dessen handschriftliches Testament vom 30.12.2007 entgegengetreten.

Sie hat geltend gemacht, der Erblasser sei durch den Erbvertrag nicht gehindert gewesen, frei zu verfügen. Nach § 3 des Erbvertrages habe für den Fall, dass einer der Abkömmlinge den Pflichtteil forderte, dieser auch von dem Längstlebenden nur den Pflichtteil erhalten und der Längstlebende in der Verfügung über seinen Nachlass frei sein sollen. Diese Voraussetzung sei hier gegeben.

Zwar befinde sich im Testament ein handschriftlicher Zusatz, der darauf hindeute, dass insoweit der Sohn S. gemeint gewesen sei. Es sei jedoch (diesseits) nicht klar, wer diesen Hinweis vorgenommen habe. Es sei Absicht der Parteien des Erbvertrages gewesen, zu verhindern, dass pflichtteilsberechtigte Erben den Pflichtteil verlangten. Es bestehe kein Grund, die Ersatzerben von S. anders zu behandeln, als ihn selbst. In beiden Fällen sei der überlebende Ehegatte in gleichem Maße schutzwürdig.

Sie bestreite mit Nichtwissen, dass der handschriftliche Zusatz durch den Notar(vertreter) auf Anweisung der Testierenden erfolgt sei. Diese Handhabe sei völlig ungewöhnlich. Für diesen Fall wäre normalerweise die Urkunde in ihrem Text neu errichtet und vom Notar(vertreter) unterschrieben worden.

Das Nachlassgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss angekündigt, dass es beabsichtige, den von den Beteiligten zu 1) und 2) beantragten Erbschein zu erteilen.

Es hat näher dargelegt, aus welchen Gründen der Erblasser nicht berechtigt gewesen sei, abweichend vom Erbvertrag zu testieren.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 3). Sie meint, nicht sie müsse beweisen, dass der handschriftliche Zusatz im Erbvertrag auf Anweisung der Testierenden erfolgt sei. Vielmehr müssten die Antragssteller das beweisen, weil ihnen das zugute komme. Ihnen obliege es auch, zu beweisen, dass die Urkunde vor Unterzeichnung durch den Notar geändert worden sei.

Im Übrigen deute der Umstand, dass die Eheleute ihren Erbvertrag nach dem Tode ihres Sohnes nicht angepasst hätten, darauf hin, dass beide davon ausgi...

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