Leitsatz (amtlich)

1. Entscheidet - wie hier - der Rechtspfleger sogleich anstelle des zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle über den Antrag auf Erteilung von Abschriften aus den Grundakten, so ist dies ohne Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Handlung; das Rechtsmittelverfahren richtet sich dann ebenfalls nach den Vorschriften für ein Geschäft des Rechtspflegers und nicht nach denen für ein Geschäft des Urkundsbeamten.

2. Der im Grundbuch als Miteigentümer Eingetragene, dessen Grundbesitz im Wege der Zwangsversteigerung (§ 90 ZVG) einem Dritten (hier einer britischen Ltd GmbH) zugeschlagen worden ist, ist - auch unter Berücksichtigung einer von ihm geäußerten Befürchtung, der Zuschlagsbeschluss werde wieder aufgehoben - nicht (mehr) berechtigt, die Übersendung einer Fotokopie eines in den Grundakten befindlichen, nicht erledigten Antrages zu verlangen.

Die Feststellung eines aus einem wirtschaftlichen Interesse abgeleiteten berechtigten Interesses des Antragstellers erfordert die Darlegung, welche rechtlichen Schlüsse er aus der Unterlage, in die er Einsicht begehrt bzw. deren Kopie er verlangt, zu ziehen gedenkt (hier: Verdacht, die Finanzverwaltung NRW habe beim Grundbuchamt einen nicht erledigten Antrag in Steuerangelegenheiten der ... LTd gestellt).

 

Normenkette

GBO § 12 Abs. 1, 4 Sätze 1-2, § 12c Abs. 1 Nr. 1, §§ 72, 73 Abs. 1 S. 1; RPflG § 8 Abs. 5; ZVG § 90

 

Verfahrensgang

AG Mönchengladbach (Aktenzeichen MG-3498-33)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: 5.000,- EUR

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist im Grundbuch als Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes zu 1/2-Anteil eingetragen. Über den Grundbesitz fand ein Verfahren zur Zwangsversteigerung statt und am 27. August 2019 wurde der Grundbesitz der ... LtD GmbH, Manchester, England, zugeschlagen. Eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist bislang nicht erfolgt.

Mit Antrag vom 17. März 2020 hat der Beteiligte um Übersendung einer Fotokopie eines nicht erledigten Antrages der Finanzverwaltung NRW gebeten. Ihm sei bekannt geworden, dass das Finanzamt am 31. Januar 2020 unter dem Aktenzeichen ... einen Antrag gestellt habe. Zur Begründung seines Interesses an der Informationserteilung hat er darauf verwiesen, dass er nach wie vor eingetragener Eigentümer sei und nach wie vor Raten auf ein Darlehen zahle, das durch eine im Grundbuch eingetragene und im Zwangsversteigerungsverfahren bestehen gebliebene Grundschuld gesichert werde. Die Ersteherin habe weder den im Versteigerungstermin gebotenen Betrag gezahlt, noch die Grundschuld abgelöst. Vermutlich müsse der Zuschlagsbeschluss aufgehoben werden mit der Folge, dass er wieder der rechtliche Eigentümer sein werde.

Das Grundbuchamt - die Rechtspflegerin - hat den Antrag mit Beschluss vom 6. Mai 2020 zurückgewiesen, da der Beteiligte nicht mehr Eigentümer des Grundbesitzes und das Grundbuch unrichtig sei. Auch ein wirtschaftliches Interesse liege nicht vor, da sich der vom Beteiligten genannte Antrag nicht gegen ihn richte.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde vom 14. Mai 2020, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt.

Das Grundbuchamt - die Rechtspflegerin - hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 19. Mai 2020 zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten verwiesen.

II. Das von dem Beteiligten eingelegte Rechtsmittel ist infolge der mit Beschluss vom 19. Mai 2020 ordnungsgemäß beschlossenen Nichtabhilfe und Vorlage dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.

Es ist als Grundbuchbeschwerde statthaft und insgesamt gemäß §§ 72, 73 Abs. 1 und 2 Satz 1 GBO zulässig.

Zur Entscheidung über den von dem Beteiligten gestellten Antrag auf Erteilung einer Kopie eines unerledigten Eintragungsantrages, § 12 Abs. 1 Satz 2 GBO, ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle berufen, § 12 c Abs. 1 Nr. 1 GBO. Der Rechtspfleger hat erst dann zu entscheiden, wenn die Änderung der Entscheidung des Urkundsbeamten verlangt wird, § 12 c Abs. 4 Satz 1 GBO, und erst gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist die Beschwerde eröffnet, § 12 c Abs. 4 Satz 2 GBO. Entscheidet nun - wie hier - der Rechtspfleger sogleich anstelle des zuständigen Urkundsbeamten, ist dies nach § 8 Abs. 5 RPflG ohne Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Handlung. Dann aber muss sich aber auch das Rechtsmittelverfahren nach den Vorschriften für ein Geschäft des Rechtspflegers und nicht nach denen für ein Geschäft des Urkundsbeamten richten. Denn ausschlaggebend ist nicht, dass der Rechtspfleger ein Geschäft wahrgenommen hat, für das der Urkundsbeamte zuständig gewesen wäre, sondern dass er dies (wenn auch zu Unrecht) als Rechtspfleger getan hat (Senat, FGPrax 2019, 248 am. R.)

Nach diesen Grundsätzen ist hier die Beschwerde nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 71 Abs. 1 GBO gegen den von der Rechtspflegerin erlassenen Beschluss vom 6. Mai 2020 eröffnet.

In der Sache bleibt die Beschw...

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