Leitsatz (amtlich)

1. Ob nach dem Tode eines vom Erblassers eingesetzten Miterben die Zuwendung an ihn ersatzlos entfallen, der Erbteil den übrigen Erben anwachsen oder Ersatzerbfolge eintreten soll, ist im Zweifel Gegenstand der ergänzenden Auslegung.

2. Für die Annahme einer Ersatzberufung der Abkömmlinge des Zuwendungsempfängers ist wesentliches Kriterium, ob die Zuwendung dem Bedachten als erstem seines Stammes oder nur ihm persönlich galt, wobei für Letzteres die Bezeichnung "meine Schwester/mein Patenkind" spricht.

3. Das - im Wege der Auslegung zu ermittelnde - Maß der Anwachsung (ob mehrere Bedachte eine Gruppe bilden sollen), hängt davon ab, ob zwischen den als gemeinschaftliche Erben zusammengefassten Personen eine persönliche oder sachliche Beziehung bestand bzw. ob der Erblasser eine engere Gemeinschaft dieser Erben im Verhältnis zu den übrigen Miterben ausdrücken wollte.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2069, 2084, 2093, 2094 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 05.11.2013; Aktenzeichen 90 VI 411/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 7) vom 10.12.2013 gegen den Beschluss des AG Düsseldorf vom 5.11.2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Erblasser war kinderlos und im Zeitpunkt seines Todes verwitwet.

Sein vorverstorbener Bruder hatte zwei Kinder, die Beteiligte zu 4) und den Beteiligten zu 5). Seine vorverstorbene Schwester hatte ebenfalls zwei Kinder, den Beteiligten zu 6) und die Beteiligte zu 7). Die Beteiligte zu 3) ist das Patenkind des Erblassers und die Tochter des Beteiligten zu 5).

Mit handschriftlichem Testament vom 29.1.1993 verfügte der Erblasser, dass nach seinem Ableben folgende Personen sich die vorhandenen Sach- bzw. Kapitalwerte teilen. Weiter heißt es:

"Nach Abzug der Beerdigungskosten und der evtl. anfallenden Wohnungsauflösungskosten sind die verbleibenden Werte jeweils zu gleichen Teilen an die Nichte meiner verstorbenen Frau und ihren Ehemann [die Beteiligten zu 1) und zu 2)] sowie meiner Schwester M. L. und meinem Patenkind [der Beteiligten zu3)] zu verteilen ..."

Nachdem die Beteiligte zu 7), die sich als Ersatzerbin ihrer verstorbenen Mutter sieht, mit Schreiben vom 18.6.2013 formlos für ihren Anteil am Erbe einen Erbschein beantragt hatte, beantragte die Beteiligte zu 1) am 15.7.2013 einen Erbschein zu je 1/3 für sich, den Beteiligten zu 2) und die Beteiligte zu 3).

Die Beteiligte zu 7) ist dem entgegengetreten. Sie hat gemeint, es sei nach dem Tode ihrer Mutter keine Anwachsung des Erbteils an die übrigen testamentarischen Erben eingetreten, denn auch ohne ausdrückliche Ersatzerbenbestimmung sei sie aufgrund ergänzender Testamentsauslegung nach dem hypothetischen Willen des Erblassers als Ersatzerbin berufen.

Das Nachlassgericht hat die Tatsachen für festgestellt erachtet, die zur Begründung des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 1) erforderlich sind. Nach dem Tode der Schwester des Erblassers sei deren Erbteil den übrigen Testamentserben angewachsen. Der Erblasser habe vier einzelne Erben eingesetzt und keine Einsetzung auf einen gemeinschaftlichen Erbteil vorgenommen. Tatsachen, die den Schluss auf seinen hypothetischen Willen zuließen, dass die Kinder seiner vorverstorbenen Schwester, die Beteiligten zu 6) und 7), deren Ersatzerben sein sollten, könnten nicht festgestellt werden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 7), der das Nachlassgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II. Das gem. §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthafte Rechtsmittel der Beteiligten zu 7) ist zulässig, in der Sache hat es jedoch keinen Erfolg.

Die Beteiligte zu 7) ist beschwerdeberechtigt. Da sie sich darauf beruft, sie sei Ersatzerbin nach ihrer verstorbenen Mutter, macht sie geltend, sie werde durch den Beschluss des Nachlassgerichts, der Erbschein werde auf den Antrag der Beteiligten zu 1) erteilt, in ihren eigenen Rechten beeinträchtigt.

Die Beschwerde bleibt jedoch mit dieser Begründung in der Sache ohne Erfolg.

Das Nachlassgericht hat zu Recht entschieden, dass der Erblasser in Bezug auf den Erbteil seiner vorverstorbenen Schwester/der Mutter der Beteiligten zu 7) eine Ersatzerbfolge nicht vorgesehen und eine solche auch im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung nicht angenommen werden kann.

Nach dem Tod der vom Erblasser als (Mit-)Erbin eingesetzten Schwester im Jahre 2000 stellt sich die Frage, wie sich dieser Wegfall der ursprünglich Bedachten auf die Erbfolge auswirkt. Denkbar ist, dass die Zuwendung ersatzlos entfallen, dass der Erbteil den übrigen Erben anwachsen oder dass Ersatzerbfolge eintreten soll (vgl. Staudinger/Otte, Neubearbeitung 2013, BGB § 2069, 30).

Da nicht feststellbar ist, dass der Erblasser diesen Fall bei Errichtung des Testaments bedacht und auch nicht, was er für diesen Fall gewollt hat, ist seine letztwillige Verfügung insoweit ergänzend auszulegen (vgl. Palandt/We...

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